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Innovationen in der Planwirtschaft – man könnte dieses Thema leicht als „Geschichte des Scheiterns“ erzählen. Zahlreiche Studien mit einem entsprechenden Rückblick auf die DDR-Wirtschaft liefern dafür den Stoff. Doch dieser Standarderzählung des Systemversagens möchte Falk Flade nicht uneingeschränkt folgen, er will sie vielmehr ergänzen. So analysiert er auf der Mikroebene, wie die Halbleiterwerke in Frankfurt (Oder) und Warschau sowie Betriebe der Chemiefaser-Industrie in Guben und Gorzów arbeiteten. Falk Flade sucht in Archiven – unter anderem der Außenstelle der Stasiunterlagenbehörde in Frankfurt (Oder) und dem Bundesarchiv in Lichterfelde – sowohl nach Innovationsblockaden als auch nach Innovationsleistungen. „Es ist mir wichtig auch aufzuzeigen, wo es Chancen gab und wie diese genutzt wurden“, sagt er und meint damit Forscherehrgeiz, Fachkenntnis und Improvisationskunst.
Wesentliche Merkmale der Planwirtschaft hingegen sprechen gegen ein innovationsfreundliches Klima. „Information und Motivation, das waren die Hauptprobleme“, umreißt Falk Flade die Gegebenheiten. Zentrale Steuerung bedeutete in der DDR, dass Informationen aus tausenden Betrieben von Usedom bis zum Erzgebirge in die Zentrale nach Berlin gelangen mussten. Die dort getroffenen Entscheidungen entsprachen oft nicht den Vorstellungen der Akteurinnen und Akteure vor Ort. So sei in Guben in den 1980er-Jahren teilweise auf Halde weiterproduziert worden, um Planvorgaben einzuhalten, obwohl die Warenberge in Lagern gar nicht qualitätsgerecht aufbewahrt werden konnten. Das „Primat der Politik“, das ein Infragestellen der politischen Grundrichtung des Sozialismus quasi unmöglich machte, führte zu weiteren Blockaden.
Doch während in der DDR die Abgrenzung vom Westen und die Konzentration auf die ökonomisch eher rückständige Sowjetunion ideologisch vorgegeben waren, standen die Zeichen in Polen auf größere Offenheit. Westliche Wirtschaftskontakte, Austauschprogramme und Weiterbildungsmöglichkeiten sorgten für mehr Durchlässigkeit. „Es ist ein Paradoxon: die Wirtschaft lief in Polen schlechter, die Wirtschaftswissenschaften aber waren weiter entwickelt, es wurde freier gedacht, Kontakte in Richtung Westen wurden nicht komplett abgebrochen“, fasst Falk Flade einen der Unterschiede zusammen. Möglicherweise sei diese Offenheit ein Vorteil in der Transformationszeit gewesen: „Polinnen und Polen, die teilweise im Westen ausgebildet waren, hatten einen Erfahrungsvorsprung.“
Nachdem Falk Flade im vergangenen Jahr – erschwert durch die Pandemiebedingungen – vor allem Lektüre und Archiv-Material zusammengetragen hat, folgt nun parallel zu weiteren Recherchen die erste Auswertung. Zudem sollen die Erkenntnisse auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebes sichtbar gemacht werden. So ist ein Projekt mit dem Liebknecht-Gymnasium und der Waldorfschule in Frankfurt (Oder) angedacht, bei dem der Wissenschaftler gemeinsam mit Geschichtslehrern und deren Schülerinnen und Schülern der Frage nachgeht, warum das Halbleiterwerk in Frankfurt (Oder) nicht bestehen konnte, während das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt noch immer die Region prägt.
Die aktuelle Forschung von Falk Flade ist eines von drei Teilprojekten der Viadrina innerhalb des interdisziplinären Verbundprojektes „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das 2018 gestartete Projekt vier Jahre lang mit insgesamt drei Millionen Euro. Beteiligt sind auch die Universität Bremen, die die Projektleitung innehat, die Friedrich-Schiller-Universität Jena und die Technische Universität Berlin. Der Verbund ist einer von 14 Zusammenschlüssen, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der DDR in all ihren Facetten zu stärken.
(FA)
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