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„Euroklasse“ und „EU-Raum“ – Ethnologe präsentierte Studie zum „Innenleben“ der EU-Verwaltung

Kosmopolitisch und gleichzeitig auf nationale Befindlichkeiten fixiert – so widersprüchlich charakterisierte Dr. Paweł Lewicki, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Vergleichende Mitteleuropastudien, die EU-Beschäftigten in Brüssel. Am 21. November stellte der Ethnologe seine Studie über die EU-Verwaltung in einem öffentlichen Gespräch mit dem ehemaligen EU-Kommissar Prof. Günter Verheugen vor. 

„Viele EU-Beamtinnen und -Beamte aus den alten Mitgliedsstaaten halten sich für modern, kosmopolitisch, tolerant und demokratisch. Diese Eigenschaften sprechen sie ihren Kolleginnen und Kollegen aus den mittel- und osteuropäischen Staaten ab, was zu einer Hierarchie innerhalb der EU-Institutionen führt“, erläuterte Dr. Paweł Lewicki eine der zentralen Thesen seiner Studie „EU-Space and the Euroclass. Modernity, Nationality and Lifestyle among Eurocrats in Brussels“. Diese Hierarchie führe zu einem Diskurs der Dominanz, was im Widerspruch zu dem als offen und tolerant geltenden Europa stehe. Prof. Günter Verheugen bestätigte diese zentrale Beobachtung – auch er habe diese Hierarchie im politischen Prozess innerhalb der Europäischen Kommission wahrgenommen: „Wenn ein Vertreter Rumäniens und Bulgariens sprach, ließ die Aufmerksamkeit der übrigen Zuhörer spürbar nach.“ Der Honorarprofessor für Europäisches Regieren an der Viadrina hatte in seiner aktiven Zeit in Brüssel bei den EU-Beschäftigten beobachtet, dass sie sich für die besseren Europäerinnen und Europäer hielten und dass nur sie wüssten, was gut für die EU sei. Lewicki war aufgefallen, dass EU-Beschäftigte trotz ihres vorgegebenen „Europäisch-Seins“ tagtäglich nationale Sensibilitäten aushandeln, etwa welche Sprache in welchem Kontext gesprochen wird.

Neben den Personen – der „Euroklasse“ – beschäftigte sich Lewicki in seiner Studie auch mit dem „EU-Raum“. Er beobachtete, dass EU-Beamtinnen und -Beamten in Brüssel abgeschottet von der restlichen Bevölkerung arbeiten und leben. „Zu diesem Raum gehören die gutbürgerlichen Wohnviertel sowie gewisse Sportclubs und andere Freizeitangebote“, so der Ethnologe. Verheugen hatte in Brüssel keine Berührungspunkte mit dem „EU-Raum“: „Viele der im Buch genannten Clubs oder Restaurants kenne ich nur vom Hörensagen. Das hängt wahrscheinlich mit der Kluft zwischen der politischen Ebene und der Verwaltungsebene zusammen. Kommissare üben ihr Amt nur fünf Jahre aus, während Verwaltungsbeschäftigte auf Lebenszeit verbeamtet sind.“

Lewicki hatte EU-Beamtinnen und Beamte in ihrem Brüsseler Arbeitsalltag begleitet und so Einblicke in ihre Biographien und in das „Innenleben“ der EU-Verwaltung erhalten. Die Studie ist im September im transcript-Verlag (ISBN-10: 3837639746) erschienen. (LW)

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