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„Mit der Gründung der europäischen Universitäten in Minsk, Budapest und in St. Petersburg war die Hoffnung verbunden, das sowjetische System nach der Transformation durch Studium und wissenschaftliche Auseinandersetzung zu überwinden“, erläuterte Dr. Felix Ackermann eingangs die Gründungsphase der neuen Hochschulen in Osteuropa. Sie hätten für kulturellen Aufbruch gestanden, der 2004 ein abruptes Ende gefunden habe: „Die Europäische Humanistische Universität in Minsk (EHU) wurde auf politischen Druck hin geschlossen. Die Viadrina nahm damals 84 Studierende aus Weißrussland auf, so dass diese ihr Studium beenden konnten. 2005 setzte die EHU ihren Lehrbetrieb im litauischen Exil fort“, so Ackermann, der selbst von 2011 bis 2016 an der EHU in Wilna gelehrt hatte.
„In diesem Jahrzehnt versuchen staatliche Stellen in Osteuropa erneut, Universitäten abzuwickeln. In Ungarn wurde dieses Jahr ein Gesetz erlassen, um die Central European University in Budapest schließen zu können. Das Orban-Regime führt eine schmutzige, teils antisemitische Kampagne gegen den ungarisch-amerikanischen Förderer der Universität, George Soros. Der Lehrbetrieb geht zwar weiter, aber das Gesetz ist nur aufgeschoben“, erklärte der Historiker. Der Europäischen Universität in St. Petersburg sei bereits die Lehrlizenz entzogen worden. Ackermann machte als Ursache die Förderung der Einrichtung durch die Europäische Union aus, die die Behörden als Einmischung in innerrussische Angelegenheiten ansähen.
Die akademische Autonomie sei aber nicht nur von außen durch staatliche Stellen gefährdet, sondern auch von innen. Ackermann berichtete von massiven Auseinandersetzungen zwischen Verwaltung und Wissenschaftlern an der EHU über die Ausrichtung der Universität. „Die Europäische Union ist auch in der Verantwortung. Sie fördert die Universität jährlich mit 800.000 Euro, nimmt aber keinerlei Kontrollmechanismus wahr“, bemängelte der Referent.
In der Diskussion machte Prof. Dr. Gesine Schwan eine zunehmende Ökonomisierung von Hochschulen, nicht nur in Osteuropa, dafür verantwortlich, dass Wissenschaft sich zunehmend an Effizienzkriterien ausrichte. Sie verwies in diesem Zusammenhang auch auf die EU-Förderung, von der ein Großteil der Fördergelder in die Natur- und Wirtschaftswissenschaften fließe.
Schwan und Ackermann kennen sich aus der gemeinsamen Zeit an der Europa-Universität, wo Ackermann bei Prof. Dr. Karl Schlögel promovierte und zudem das Institut für angewandte Geschichte mitgründete. „Felix Ackermann ist ein kritischer Kopf, von denen es nicht so viele gibt. Dieses ‚Kritisch-Sein’ verbindet uns“, erklärte Schwan. (LW)
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