zum Viadrina-Logbuch (2022-2024)

Kunst trifft auf Forschung: Viadrinicum endet mit großer Ergebnis-Vielfalt

Am Wochenende endete die Sommerschule Viadrinicum an der Viadrina, bei der die Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft, Kultur und Politik im Zentrum des Interesses standen. Vom 16. bis zum 29. August 2021 entwickelten 35 internationale Studierende und Promovierende, Kulturschaffende und Engagierte aus der Zivilgesellschaft in Online- und Vor-Ort-Formaten ihre eigenen künstlerischen, dokumentar-filmischen oder forschungsorientierten Projekte.

„Eine Sommerschule hybrid durchzuführen, insbesondere inmitten einer international sehr dynamischen pandemischen Situation, ist eine große Herausforderung“, erzählt Projektleiter Stefan Henkel. 16 Teilnehmende aus der Ukraine, Polen, Russland und der Türkei konnten vor Ort in Frankfurt (Oder) und Słubice arbeiten. „Für viele war es die erste Möglichkeit nach langer Zeit, überhaupt wieder reisen und sich zu ihren wissenschaftlichen, künstlerischen und zivilgesellschaftlichen Perspektiven austauschen zu können“, so Henkel. Der Aufwand, ein hybrides Format anzubieten, habe sich seiner Meinung nach gelohnt. Denn neben den persönlichen Begegnungen war es so möglich, dass auch Studierende und Nachwuchsforschende teilnehmen konnten, deren Anreise aus Indien, Aserbaidschan, Moldau und Griechenland pandemiebedingt schwierig gewesen wäre.

viadrinicum-2 ©Stefan Henkel

Damit alle alles im Blick haben: Auf einer Online-Plattform wurden Arbeitsergebnisse aus Präsenz und digitaler Form gesammelt und jedem Teilnehmenden zugänglich gemacht. Screenshots: Stefan Henkel


Wissenschaftliche Impulse kamen in diesem Jahr von der European New School of Digital Studies (ENS) der Viadrina sowie dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin (ZOiS). Für die Präsentation der Sommerschul-Ergebnisse in einer abschließenden Ausstellung kooperierte das Viadrinicum einmal mehr mit dem Brandenburgischen Landesmuseum für Moderne Kunst. Gezeigt wurden sieben Filme eine Installation, Fotos, eine Postkartenserie und vieles mehr. Die komplette Präsentation ist hier nachzusehen: https://www.facebook.com/viadrinicum/videos/1215881765556143

Einen besonders unmittelbaren Einblick in die Bedeutung von sozialen Medien für politische Proteste und gesellschaftlichen Wandel bot zur Halbzeit der Sommerschule die Diskussion „Protests, (Post-)Digital Activism and the Archive. #Minsk #Warsaw #Cairo“. Zugeschaltet waren Prof. Dr. Anna Nacher aus Krakau, der belarussische Wissenschaftler Dr. Aliaksandr Herasimenka aus Oxford und die ägyptisch-libanesische Künstlerin Lara Baladi aus Kairo. Alle drei betonten – eindrucksvoll illustriert mit Beispielen aus ihren jeweiligen Ländern –, dass Proteste im Netz und auf der Straße bei weitem nicht trennscharf betrachtet werden können. Bilder, Sprüche, bis hin zu Hashtags aus audiovisuellen Medien und dem Internet prägen das Bild der Proteste in den Straßen, während diese ihren Widerhall in den sozialen Netzwerken finden. „Ein Retweet, ein Hashtag – all diese winzigen Akte von alltäglichem Protest machen einen Unterschied“, hat Anna Nacher anhand der feministischen Proteste in Polen beobachtet, was in wenigen Jahren zu einem eklatanten Umdenken der Bevölkerung über die Rechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen führte. Ob man aktiv auf Twitter sei oder eben auf der Straße, mache laut Anna Nacher keinen so großen Unterschied.  

viadrinicum-1 ©Stefan Henkel

Hybride Sommerschule: Der gemeinsame Viadrinicum-Schreibtisch ermöglichte die Zusammenarbeit vor Ort und zugleich online.


Lara Baladi verdeutlichte, dass die Bedeutung von Online-Medien über die Proteste selbst hinaus reicht. Sie berichtete davon, wie sie mit ihrem Projekt „Tahrir Archives“ die Proteste auf dem Kairoer Platz während der ägyptischen Revolution 2011 sicherte und erinnerte gleichzeitig daran, dass diese Arbeit beispielsweise in Belarus zu gefährlich wäre. Wie wichtig die Möglichkeit des digitalen Festhaltens und Abrufbarmachens ist, fasste Prof. Dr. Gwendolyn Sasse, die die Diskussion leitete, zusammen: „Wenn diese Proteste nicht archiviert werden, verschwinden sie aus der Öffentlichkeit.“ Die gesamte Diskussion ist abrufbar unter:

https://www.facebook.com/viadrinicum/videos/2183738511932905

Asia Bazdireva, Sommerschul-Teilnehmerin und Leiterin des Art.Lab in der Ukraine, lobt die Vielfalt der gesamten zweiwöchigen Veranstaltung: „Mir hat es sehr gut gefallen, dass jedes Jahr ein bestimmtes Thema behandelt wird, das aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Praktiken weiter erforscht wird.“ Die Projektkoordinatoren des Viadrinicum, Stefan Henkel und Kirill Repin, hätten die Bedürfnisse der Teilnehmenden immer im Blick gehabt. „Sie haben dafür gesorgt, dass jeder in den Prozess einbezogen wurde“, sagt sie. So wurden die zwei Wochen für sie zu einer unvergesslichen Erfahrung. Asia Bazdireva hat dabei besonders genossen: „an einem Ort zu sein, der sowohl als Hintergrund als auch als Inspirationsquelle dient, um viele Gespräche zu führen und unsere Ideen in eine greifbare Form zu bringen.“

(FA/HST)

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