30 Jahre Europa-Universität Viadrina
Wissen schaffen. Begegnung leben. Zukunft gestalten.
„Zum Entdecken und Erinnern“ - 1996 bis 2000
Zur Eröffnung des V. Akademischen Jahres besucht Polens Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (r.) am 15. Oktober 1996 die Viadrina und hält eine Festrede. Vor der feierlichen Veranstaltung in der Konzerthalle besichtigt er unter anderem die Baustelle des Collegium Polonicum in Słubice. Aus dem Baucontainer betrachtet er gemeinsam mit Prof. Jerzy Fedorowski, Rektor der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań, den Baufortschritt.
Foto: Heide Fest
Richtfest für den ersten Bauabschnitt, erster Spatenstich für den zweiten Bauabschnitt: Am 19. November 1996 feiert Prof. Dr. Stefan Jurga, frisch ins Amt eingeführter Rektor der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań, mit seinen Gästen gleich doppelt das entstehende Collegium Polonicum in Słubice. Im Juni 1998 wird das Hauptgebäude eröffnet, im Februar 2001 wird schließlich der gesamte Gebäudekomplex eingeweiht.
Unter dem Motto „Wir laden unsere Nachbarn ein” findet am 24. Mai 1997 das erste Uni-Sommerfest statt, zu dem neben den Studierenden und Studieninteressierten auch alle Bürgerinnen und Bürger aus Frankfurt und der Region eingeladen sind. Kurzvorträge, Infostände rund ums Studium, Sport und Spiel, Ausstellungen, Musik und Gastronomie unterhalten die Gäste – damals noch im Innenhof des Viadrina-Hauptgebäudes.
Foto: Heide Fest
Die Europa-Universität trotzt dem Oder-Hochwasser, das im Sommer 1997 Teile von Frankfurt flutet. „Die Universität funktioniert”, so der Rektor der Viadrina, Prof. Dr. Hans N. Weiler (2. v. l.), am 22. Juli 1997. Rektorat, Verwaltung und Lehrstühle arbeiten weiter, auch die Bibliothek bleibt geöffnet – wenn auch mit Einschränkungen. Mit vereinten Kräften werden wochenlang vor allem die neuralgischen Punkte der drei Universitätsgebäude, die nahe der Oder liegen, mit Sandsäcken gesichert. Für polnische Studierende der Viadrina, die in die Krisengebiete ihrer Heimat abgereist sind, werden anstehende Prüfungen in den Herbst verlegt; viele kommen bei ihren Kommilitonen auf der deutschen Seite der Oder unter. Später sammelt die Viadrina Spenden für die Universität Breslau, die Schäden in Höhe von 2,5 Millionen DM beklagt.
Foto: Heide Fest
Außenministertreffen am 19. November 1997 zwischen Deutschland, Frankreich und Polen in den Räumen der Viadrina: Mit dabei sind der deutsche Außenminister Klaus Kinkel, der französische Außenminister Hubert Védrine sowie der polnische Außenminister Prof. Dr. Bronisław Geremek. Dieser sagt zu den Studierenden, dass das Gelingen solcher Projekte, wie das der Viadrina, zeigen werde, ob die gemeinsamen politischen Ideale realisiert oder ruiniert würden. „Wenn Sie nach Ihrem Studium im deutschen Bundestag, im polnischen Sejm oder in der französischen Assemblée nationale arbeiten, ist Europas Schicksal in guten Händen“, betont er.
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und Polens Ministerpräsident Prof. Dr. Jerzy Buzek (sitzend r. und l.) tragen sich am 4. Dezember 1997 ins Gästebuch der Universität ein. Nach einem Gespräch mit Rektor Prof. Dr. Hans N. Weiler (hinten r.) halten beide Politiker Vorträge. Helmut Kohl spricht zum Thema „Deutsche und Polen – Partner im gemeinsamen Haus Europa"; Jerzy Buzek referiert über „Polen in Europa aus der Perspektive des polnisch-deutschen Grenzgebietes”. Links im Bild: Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe
Protestaktion der Juso-Hochschulgruppe am 27. Mai 1998: Die Studierenden legen einfach selbst den Grundstein für den Mensa-Hörsaal-Komplex an der Oder, dessen Baubeginn mehrfach verschoben wurde. Sie wollen damit ein Zeichen gegen den Bildungsnotstand setzen. Die offizielle Grundsteinlegung findet ein Jahr später statt.
Am 10. Juni 1998 wird unter großem öffentlichen Interesse das Hauptgebäude des Collegium Polonicum in Słubice feierlich eröffnet. Die symbolischen Bänder in den Nationalfarben Deutschlands, Polens und der EU durchschneiden Viadrina-Rektor Prof. Dr. Hans N. Weiler, Prof. Dr. Stefan Jurga, Rektor der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań, Bundesjugendministerin Claudia Nolte, Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe und Polens Bildungsminister Mirosław Handtke (v. r. n. l.).
Anlässlich der Wahlen zur Frankfurter Stadtverordnetenversammlung schützen rund 1.000 Frankfurterinnen und Frankfurter mit einer Menschenkette am 25. September 1998 symbolisch das Rathaus vor dem Einzug von Rechtsextremisten. Ausgehend von einer Initiative aus der Viadrina ist in Frankfurt (Oder) die „Plattform gegen Rechts – für Toleranz, Humanismus und Menschenrechte; gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Antisemitismus" entstanden. Mitarbeitende und Studierende organisieren gemeinsam mit Verbänden, Vereinen, Organisationen, Parteien und Kirchen Aktionen gegen Rechts.
Rund 30 Studierende betreiben 1999 den Studentenclub Grotte – und sie suchen nach weiteren Engagierten. 1993 war mithilfe des neu gegründeten „Studentenclubs Frankfurt (Oder) :grotte e. V.” ein nicht-kommerzielles Angebot für Party und Kultur im Keller der Lindenstraße 7 eröffnet worden. Die Kellerräume im Haus der Künste werden seitdem immer wieder zum Studierendenclub mit wechselndem Namen gemacht: Nach der Grotte wird der Club zum Basswood 7, dem BASSement und schließlich 2018 zum Stuck.
Der Übersetzer und Literat Karl Dedecius (l.) erhält am 8. Juli 1999 den ersten Viadrina-Preis für seine Bemühungen um die deutsch-polnische Verständigung. Gestiftet wird der Preis vom Herausgeber der „Märkischen Oderzeitung”, Claus Detjen (r.), der ihn gemeinsam mit Rektor Prof. Dr. Hans N. Weiler aus der Taufe gehoben hat. Finanziert wird der Preis durch die von Claus Detjen initiierte und großzügig ausgestattete Viadrina-Preis-Stiftung.
Das Kuratorium des Förderkreises der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) verleiht seit 1999 den Viadrina-Preis an deutsche und polnische Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise um die deutsch-polnische Verständigung verdient gemacht haben. Anlässlich der Viadrina-Preisverleihung wird zudem ein Förderpreis gestiftet, mit dem studentische Initiativen geehrt werden.
Am 1. September 1999 wird an den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren erinnert. Zu diesem Anlass treffen sich Bundespräsident Johannes Rau und der polnische Präsident Aleksander Kwaśniewski auf der Stadtbrücke und reichen sich die Hände. Rau schreitet von deutscher Seite, Kwaśniewski von polnischer Seite zur Mitte der Brücke, die die Grenze zwischen Deutschland und Polen markiert. Auf den Handschlag folgt ein Besuch im Collegium Polonicum in Słubice.
Foto: Frank Winkler
Als eine ihrer ersten Amtshandlungen begrüßt die neue Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Schwan am 6. Oktober 1999 gemeinsam mit Frankfurts Oberbürgermeister Wolfgang Pohl die Studierenden zum Semesterstart. Das Stadtoberhaupt lädt dazu in die Rathaushalle ein und spendiert Freibier und Brezeln. 900 Studierende starten im Wintersemester 1999/2000 ihr Studium an der Viadrina – mehr als jemals zuvor.
Foto: Heide Fest
Präsidentin folgt auf Rektor: Am 11. Oktober 1999 übergibt der erste Rektor der Viadrina, Prof. Dr. Hans N. Weiler, sein Amt an Prof. Dr. Gesine Schwan. Er begrüßt seine Nachfolgerin bei der Feierstunde in der Frankfurter Konzerthalle mit den Worten: „Sie besteigen die Brücke eines inzwischen seetüchtigen Dreimasters, der unter seinesgleichen als ein kleines, aber gut gebautes und unverwechselbares Schiff gilt.”
Einen Wissenschaftler, Weltbürger und Europäer – einen „Mann der ersten Stunde“ – ehre die Stadt Frankfurt, betont am 3. Mai 2000 Oberbürgermeister Wolfgang Pohl (l.) während der Festveranstaltung zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft an den inzwischen emeritierten ersten Rektor der Viadrina, Prof. Dr. Hans N. Weiler.
EU-Kommissar Günter Verheugen (vorne 2. v. l.) nimmt am 9. Mai 2000 an einer Gesprächsrunde über die EU-Osterweiterung im Collegium Polonicum in Słubice teil. Auf der Grenzbrücke begrüßen ihn der Rektor der Adam-Mickiewicz-Universität, Prof. Dr. Stefan Jurga (vorne l.), sowie Uni-Präsidentin Prof. Dr. Gesine Schwan. Verheugen bezeichnet den Ort als einen der wichtigsten Plätze mit einer überzeugenden Symbolkraft für das sich einigende Europa, an dem die Grenze eines Tages verschwinden werde. Verheugen wird im Februar 2010 Honorarprofessor der Viadrina.
Der Publizist und Herausgeber der polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ Adam Michnik erhält am 22. Juni 2000 den zweiten Viadrina-Preis. Michnik sei mit seiner Vita und mit seiner publizistischen Überzeugungskraft ein Wegweiser für die weitere Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen im europäischen Geist, begründet Laudator Claus Detjen, Vorsitzender des Kuratoriums des Uni-Förderkreises, die Wahl des Preisträgers.
Am 20. Oktober 2000 feiert die Europa-Universität Richtfest für den neuen, direkt am Oder-Ufer gelegenen Hörsaal-Mensa-Komplex in der Fischerstraße. Der Bau ergänzt das Ensemble Hauptgeäude, Flachbau (später Audimax), Wohnheim Logenstraße und bildet ein Pendant zum am polnischen Oderufer gelegenen Collegium Polonicum.
Zu Ehren von Marion Gräfin Dönhoff, die 1999 ihren 90. Geburtstag an der Viadrina beging, wird das Gebäude vier Jahre nach dem Richtfest den Namen Gräfin-Dönhoff-Gebäude erhalten.
Bundespräsident Johannes Rau (vorne sitzend) stattet der Viadrina am 24. Oktober 2000 einen Besuch ab. Nach einem Eintrag ins Gästebuch nimmt Rau an einer Diskussionsrunde mit Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Senatssaal, im Hauptgebäude der Viadrina, teil.