Abteilung für Hochschulkommunikation
Nachruf – „Zwei gute Freunde der jungen Viadrina“
Viadrina-Gündungssenator
Prof. Dr. Dr. h. c. Rudolf v. Thadden
* 20. Juni 1932
† 18. November 2015
Ehrensenator Edgar Most
* 21. März 1940
† 12. Dezember 2015
Ein persönlicher Nachruf auf Rudolf von Thadden und Edgar Most
von Prof Dr. Hans N. Weiler
(Erster Rektor der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder))
Es gehört zu den weniger erfreulichen Seiten des Älterwerdens, dass man mehr und mehr mit dem Schreiben von Nachrufen beschäftigt ist. Vor einem Jahr waren meine Erinnerungen – in der leider zu Ende gegangenen Mitschrift der Viadrina – Astrid Gräfin von Hardenberg und Richard von Weizsäcker gewidmet, die beide auf ihre Weise die junge Viadrina wohlwollend begleitet und nach Kräften befördert hatten. Heute ist es meine traurige Pflicht, die heutige Viadrina an zwei weitere bemerkenswerte Persönlichkeiten zu erinnern, die sich um die entstehende und die junge Viadrina in ganz besonderer Weise verdient gemacht haben: Rudolf von Thadden und Edgar Most.
Rudolf von Thadden, der am 18. November 2015 in Göttingen verstarb, war nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Historiker seiner Generation und ein lebenslanger Schrittmacher der deutsch-französischen Verständigung, sondern auch eines der profiliertesten Mitglieder des Gründungssenats der Viadrina in den entscheidenden Jahren 1991 bis 1993, als es um die Verwirklichung und die Gestalt der zukünftigen Universität an der Oder ging. Mit Leidenschaft, Einfallsreichtum und gelegentlicher Bauernschläue setzte von Thadden sich für das Projekt einer Europa-Universität an der deutsch-polnischen Grenze ein. Als einer der beiden Gründungsdekane der Kulturwissenschaftlichen Fakultät half er dem – von manchen anderen Mitgliedern des Gründungssenats skeptisch beäugten – Konzept einer interdisziplinär und orientierungstheoretisch ausgerichteten Kulturwissenschaft zum Durchbruch und spielte eine zentrale Rolle in der Berufung der ersten Professorengeneration, für die wir so prägende Wissenschaftler wie Karl Schlögel, Heinz Dieter Kittsteiner, Anselm Haverkamp, Detlef Pollack, Werner Schiffauer und Gangolf Hübinger gewinnen konnten. Als sein Partner im Aufbau der Fakultät habe ich Rudolf von Thadden in diesen Jahren kennen und schätzen gelernt, obwohl – oder vielleicht eher weil – wir nicht immer gleicher Meinung waren, uns aber immer wieder, oft nach langen und mit gutem Wein besänftigten Gesprächen, auf eine gemeinsame Linie haben verständigen können. Die Kulturwissenschaftliche Fakultät hat die Bemühungen von Rudolf von Thadden um ihre Entstehung und Profilierung zu Recht mit der Verleihung eines Doctor honoris causa gewürdigt.
Edgar Most ist nur wenige Wochen später, am 12. Dezember 2015, von uns gegangen. Sein beruflicher Werdegang ist ein Stück erlebte Wiedervereinigung: Als letzter Vizepräsident der Staatsbank der DDR wurde er 1990 in die Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Berlin berufen, der er bis 2004 angehörte und in der er entscheidend an der Neugestaltung des Bankenwesens und am Aufbau der Wirtschaft Ostdeutschlands mitgewirkt hat. Der Viadrina und ihrer Entwicklung war Edgar Most von Anfang an auf das engste verbunden; an ihren Veranstaltungen – einschließlich des Universitätsballs – nahm er rege und temperamentvoll teil. Von 1995 bis 2004 war er Vorstandsmitglied des Fördervereins der Viadrina und wusste auf seine unnachahmliche Weise andere davon zu überzeugen, die Universität zu unterstützen. Besonders wichtig war uns seine hartnäckige Initiative, die Stiftung Deutsche Bank zur Förderung der Viadrina zu bewegen, die mir damals die Tür zur Stiftungsvorsitzenden, Frau Seebacher-Brandt, und zu der großzügigen, mehrjährigen Finanzierung eines ersten Graduiertenkollegs der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät durch die Deutsche Bank eröffnete. Für seine Verdienste um die Universität hat die Viadrina ihn mit der Würde eines Ehrensenators ausgezeichnet.
Ich werde Rudolf von Thadden und Edgar Most ein ehrenvolles und freundliches Andenken bewahren. Ich lade die Viadrina von heute ein, ein Gleiches zu tun.
Stanford, CA, 10. Januar 2016