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Aus heutiger Perspektive ist es ein fehlgeschlagenes Experiment: die Planwirtschaft sowjetischen Modells in sozialistischen Staaten wie der DDR und Polen. Dass das Vorbild aus der Sowjetunion in der DDR und in Polen nicht funktionierte, sei den dortigen Ökonomen spätestens Mitte der 1950er-Jahre klar gewesen, sagt Prof. Dr. Hans-Jürgen Wagener. Wie arbeiteten die Wirtschaftswissenschaften vor diesem Hintergrund? Welche Anstöße für Modernisierung konnten sie liefern? Diesen Fragen geht Wagener gemeinsam mit seinen polnischen Kollegen Dr. Maciej S. Tymiński und Dr. Piotr Koryś von der Universität Warschau nach. Weitere Mitarbeiter des Projektes sind Prof. Dr. Udo Ludwig und der frühere Viadrina-Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Knut Richter, die als frühere DDR-Wissenschaftler auch ihre Erfahrung eines Studiums in der Sowjetunion einbringen.
Die Arbeitsgruppe stellt zunächst ein deutliches Auseinanderklaffen von Wirtschaftstheorie und wirtschaftlicher Praxis fest. So hatten die teilweise fortschrittlichen Ansätze polnischer Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler keinen Einfluss auf die desaströse Wirtschaftslage in Polen. Die DDR hingegen wirkte wirtschaftlich stabil, obwohl die Ökonomie sehr viel stärker von westlichen Ideen isoliert war. „Die politische Kontrolle war in beiden Ländern strikt, eine effektive Reform des inadäquaten Wirtschaftssystems blieb unmöglich“, fasst Hans-Jürgen Wagener eine Gemeinsamkeit zusammen. Ideen, wie man die Wirtschaft anders gestalten könne, waren vor allem in Ost-Berlin mehr als unerwünscht. „Spätestens ab 1956/57 war jedem DDR-Wissenschaftler klar: Wer gegen Parteibeschlüsse opponiert, setzt seinen Job aufs Spiel", so Wagener.
Das Interesse Wageners an der sozialistischen Wirtschaft reicht weit in seine akademische Laufbahn zurück. Die Diplomarbeit an der Ludwig-Maximilians-Universität in München schrieb er über marxistische Wirtschaftstheorie; seine Doktorarbeit trug den Titel „Wirtschaftswachstum in unterentwickelten Gebieten: Ansätze zu einer Regionalanalyse der Sowjetunion“. Hans-Jürgen Wagener wurde Ökonomie-Professor in den Niederlanden, bevor er 1993 dem Ruf an die Viadrina folgte. „Hier passierte die Transformation, die mich theoretisch interessierte, direkt vor meinen Augen“, erinnert sich der Gründungsdirektor des Frankfurter Instituts für Transformationsstudien (FIT).
Dass das Bundesbildungsministerium die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der DDR unter anderem in Form des Verbundprojektes „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR“ unterstützt, begrüßt Wagener ausdrücklich. „Es ist die Auseinandersetzung mit 40 Jahren gesamtdeutscher Geschichte“, betont er. Lange habe sich kaum jemand für die Erkenntnisproduktion über sogenannte DDR-Themen interessiert. Insbesondere die DDR-Ökonomie war mit der politischen Wende abgeschrieben worden. Bücher landeten umgehend in Antiquariaten, wenn nicht im Schredder. Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler aus den alten Bundesländern übernahmen die meisten Professuren an den Hochschulen. „Das war in vielen Fällen für eine rasche Transformation der Curricula notwendig, aber auch eine tragische Entwicklung“, ist sich Wagener bewusst.
Er sieht den Nutzen der Beschäftigung mit einem fehlgeschlagenen Experiment aber weit über ein historisches Interesse hinaus. Seine Forschung verdeutliche die Schwierigkeiten, die der Wissenschaft gemacht werden, wenn sie unter dem Diktat der Politik steht. „Die freie Wissenschaft kommt immer zu den besseren Ergebnissen“ ist er überzeugt – nicht nur mit Blick in die Vergangenheit.
(FA)
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