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Es sollte ein Wahrzeichen sein für das mächtige, weltgewandte Königreich Jugoslawien: das 1937 eingeweihte Messegelände Staro Sajmište. Nur wenige Jahre später wurden hier Juden, Roma, Serben und politische Gefangene ermordet. Heute steht der Name Sajmište für 40.000 Gefangene, von denen 10.000 umgebracht wurden.
Genau 78 Jahre nach dem deutschen Angriff auf Belgrad erkunden kroatische, serbische und deutsche Forschende, Studierende, Schülerinnen und Schüler das einstige Todeslager, das heute Wohnstätte für serbische und Roma-Familien ist; es beherbergt ein Restaurant, eine Sporthalle, eine Kita und Ateliers. Sie lesen alte Dokumente vor, rezitieren Briefe, die von Gefangenen geschrieben wurden und hinterlassen ihre Zettel als kleine Störsender. „Wir haben diese Orte beunruhigt“, sagt Snežana Stanković vom Viadrina-Centers B/ORDERS IN MOTION kurz nach ihrer Rückkehr nach Frankfurt (Oder).
Dr. Carolin Leutloff-Grandits koordiniert mit Snežana Stanković das Projekt „Zwischenräume in den Gedächtnislandschaften: Holocaust/Porajmos Gedenken in (Südost-) Europa“. Zu ihren Partnern gehören unter anderem Hochschul- und Geschichtslehrerinnen und -lehrer aus Kroatien und Serbien sowie ein Hörfunk-Journalist und Roma-Aktivist. Ihr gemeinsames Anliegen ist es, die Erinnerungskulturen in Serbien und Kroatien kritisch zu erforschen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Umkodierung der Vergangenheit durch die jeweils Herrschenden. „Es fehlt (…) ein kritischer Blick auf die eigene Täter- und Opferrolle sowie auf Kollaborationen mit dem NS-Regime“, heißt es in der Projektbeschreibung. Die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges seien in der Geschichte jeweils zur Stärkung der eigenen Identität umgedeutet worden.
Für Carolin Leutloff-Grandits und Snežana Stanković ist das Projekt auch so besonders, weil sie heute – fast 80 Jahre nach den ungeheuerlichen Verbrechen – mit kroatischen, serbischen und deutschen Kolleginnen und Kollegen den Ort erforschen und das Gedenken hinterfragen können.
Im Oktober werden die Teilnehmenden nach Kroatien reisen und dort umstrittene, unsichtbar gewordenen Orte des Zweiten Weltkrieges untersuchen. Im November folgt eine Abschlusskonferenz in Frankfurt (Oder). Dann wird auch ein poetischer Dokumentarfilm seine Premiere feiern, der von der Fotografin und Filmemacherin Linda Paganelli und dem Anthropologen Florian Grundmüller vom Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION entwickelt wurde.
Gefördert wird das Projekt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit knapp 40.000 Euro im Rahmen des Programms „Ost-West-Dialog: Hochschuldialog mit Ländern des westlichen Balkans“. (FA)
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