Buchvorstellung und Podiumsdiskussion zu „Religion und Politik in westlichen Demokratien“

Zu einem Gespräch über sein neues Buch „Religion und Politik in westlichen Demokratien“ hat Prof. Dr. Michael Minkenberg am 18. Juni 2024 eingeladen. In dem Band vergleicht der Politikwissenschaftler systematisch 19 Länder mit Blick auf die Rolle religiöser Traditionen, Institutionen und Akteure für die Politik und einzelne Politikfelder, insbesondere die Familien- und die Migrationspolitik. Dabei verknüpft er ein strukturfunktionalistisches Politikmodell mit kulturwissenschaftlichen Erklärungsansätzen.

Die Veranstaltung wurde vom Dekan der Kulturwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Timm Beichelt, eröffnet. Minkenberg präsentierte anschließend die zentralen Thesen und Erkenntnisse seines Buches. Dabei wurde besonders deutlich, dass trotz Säkularisierung und religiöser Pluralisierung die christliche Religion eine prägende Rolle in der Politik vieler westlicher Demokratien spielt. Dies zeige sich insbesondere in moral- und migrationspolitischen Debatten, wo religiöse Akteure sowie Traditionen immer noch Einfluss ausüben und unterschiedliche Ergebnisse erklären helfen können. Anschließend diskutierten Dr. Anja Hennig, Mitarbeiterin an der Professur für Vergleichende Politikwissenschaft, Prof. Dr. Antonius Liedhegener von der Universität Luzern sowie der ehemalige Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) und frühere Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt (CDU) mit Michael Minkenberg einige der vorgetragenen Einsichten.

2024-06-18-Minkenberg-Buchpraesentation

Antonius Liedhegener hob die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der politisch-religiösen Landschaften in den verschiedenen westlichen Demokratien hervor und betonte die Bedeutung von historischen und kulturellen Pfadabhängigkeiten. Am Beispiel der Schweiz machte er deutlich, wie direktdemokratische Verfahren zu einer Beharrung statt Reform in religionspolitischen Fragen beitrugen.

Martin Patzelt brachte Perspektiven seiner persönlichen Erfahrungen als aktives CDU-Mitglied in die Diskussion ein. Seine Entscheidung, nach der Wende 1989/90 der CDU beizutreten, erklärte er mit dem christlichen Bezug, welchen die Partei in ihrem Namen und Programm trage. Bei anderen Parteien fehlte seiner Einschätzung nach eine externe moralische und richtungsweisende Instanz. Die Frage Minkenbergs, ob in Zeiten von Säkularisierung und eines wahrgenommenen Mangels an konservativem Profil in der CDU dieses christliche „C“ durch ein konservatives „K“ ersetzt werden solle, verneinte Martin Patzelt entschieden. Dadurch würde die Konstante einer christlichen Moral einer eher variableren konservativen weichen.

Anja Hennig lenkte die Diskussion auf die aktuellen Entwicklungen in der Abtreibungsdebatte und anderen religiösen Konfliktlinien und wies darauf hin, dass religiöse Akteur*innen weiterhin in moralpolitischen Fragen wie Abtreibung, Sterbehilfe und LGBTQ+-Rechten aktiv sind und Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Eine wichtige Beobachtung betraf die wachsende Politisierung von Religion, die sich in der zunehmenden politischen Vereinnahmung religiöser Themen oder Regelungen niederschlage.

Das Publikum beteiligte sich engagiert an der Diskussion, wobei besonders die Fragen zur praktischen Bedeutung der Ergebnisse der vorgestellten Studie und die Auswirkungen auf aktuelle politische Debatten im Vordergrund standen.

Text: Lina Bondar, Lukas Loennendonker, Michael Minkenberg
Foto: Lina Bondar

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