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In welchem Land lege ich meinen Steuerwohnsitz fest? Welchen sozialrechtlichen Status habe ich als entsandte Beschäftigte? Und von wem bekomme ich wie viel Rente, wenn ich grenzüberschreitend gearbeitet habe? Wenn Verwaltungen in mehr als einem Land zuständig sind für Fragen von Menschen in Grenzregionen, wird es oft kompliziert. „Oft weiß man gar nicht: Was ist genau die Frage und wem kann ich sie stellen?“, beschreibt Viadrina-Grenzforscherin Sara Bonin die Herausforderung. Um genau das zu klären, soll es künftig Grenzinformationspunkte (GIP) geben, in denen Ratsuchende online und vor Ort Informationen bekommen und an die richtigen Stellen oder weitere Fachberatungen weitergeleitet werden.
Die Beteiligten nach der Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages in Guben. Von der Viadrina vor Ort: Sara Bonin (2.v.l.) und Dr. Andrea Meissner (4.v.l.)
Der Aufbau dieser GIP ist Ziel eines dreijährigen Interreg-Projektes unter Leitung der Euroregion Spree-Neiße-Bober e. V., das im April gestartet ist. Am 4. September kamen vier der fünf Projektpartner in Guben zusammen, um den Partnerschaftsvertrag zu unterzeichnen. Das von der Europäischen Union kofinanzierte Projekt wird mit rund einer Millionen Euro gefördert; auf die Viadrina entfallen dabei rund 210.000 Euro. Dr. Norbert Cyrus und Sara Bonin vom Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION begleiten das Projekt wissenschaftlich, evaluieren es fortlaufend und schulen künftige Mitarbeiter*innen der Grenzinformationspunkte.
Dass die Grenzinformationspunkte gebraucht werden, daran gibt es für Norbert Cyrus, der seit vielen Jahren zu grenzüberschreitenden Beratungsangeboten forscht, keinen Zweifel. „Die Bereitstellung von Informationen und Beratung in verständlicher Form hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung, grenzüberschreitend tätig zu werden. Informations- und Beratungsangebote für grenzüberschreitend Tätige sollten daher nicht nur als Voraussetzung, sondern vielmehr als elementare Bestandteile der Daseinsvorsorge verstanden werden“, schreibt er in einer aktuellen Studie über bestehende Angebote. Wenn Ratsuchende gebündelte Informationen kostenfrei, zweisprachig und verständlich finden können, erleichtert das nicht nur ihnen das Leben. Das Projekt zielt darüber hinaus darauf ab, bestehende Angebote sichtbarer zu machen und dadurch Verwaltungen zu entlasten.
Beim Aufbau der Grenzinformationspunkte können die Projektpartner entlang der deutsch-polnischen Grenze auf Erfahrungen von der deutsch-niederländischen Grenze zurückgreifen. In Kleve gibt es beispielsweise einen gut funktionierenden Grenzinformationspunkt der Euregio Rhein-Waal. Eine Exkursion zum dortigen Projektpartner findet Ende November statt. Das dortige Modell werde aber nicht einfach nach Osten exportiert. Sara Bonin betont: „Jede Grenzregion ist einzigartig.“ Zum einen sei die Beratungsstruktur im Kreis Kleve finanziell und personell ganz anders ausgestattet. Hinzu kommen die spezifischen Verwaltungsstrukturen in den jeweiligen Ländern, die sich beispielsweise zwischen den Niederlanden und Polen stark unterscheiden. „Daher kann es keine direkte Übertragung geben; jede Grenzregion muss für sich herausfinden, wo wie und vor allem mit wem welche Fragen geklärt werden können“, so Sara Bonin.
Die nächsten Schritte im Projekt stehen bereits fest. Vor der Exkursion nach Kleve ist eine erste Schulung für potenzielle zukünftige Beschäftigte in den GIP geplant. Im zweiten Projektjahr, ab Frühjahr 2025, sollen die Grenzinformationspunkte dann in eine erste Testphase gehen.
Text: Frauke Adesiyan
Foto: Justyna Michniuk
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