Sichere Postfächer für Obdachlose und Virtual-Reality-Brillen gegen Unterrichtsausfall – Studierende präsentieren ihre Innovationen in Warschau

Mit einer Präsentation ihrer sozialen Innovationen an der University of Social Sciences and Humanities (SWPS) in Warschau endete für Viadrina-Studierende von Prof. Dr. Albrecht Söllner das diesjährige Seminar der Reihe „Hinsehen“. Gemeinsam reisten sie zur Social Innovation Conference an der Warschauer Universität, mit der die Viadrina über den Hochschulverbund ERUA verbunden ist. Die Studierenden hatten Lösungen für die Probleme von Obdachlosen gesucht und sich mit den Herausforderungen angesichts von Unterrichtsausfall beschäftigt.

Wie finden Obdachlose ihren Weg zurück in ein geregeltes Leben, wenn sie nicht einmal eine Adresse haben? Diese Überlegung stand am Anfang des Projektes „PostBoxBuddy“ von Zuzanna Zagórska, Nina Ptaszek, Anita Kauerhof und Logan dos Santos. Ihre Lösung: eine Plattform mit virtuellen Postadressen und sicheren Postfächern. „Unser Projekt begann mit einer allgemeinen Analyse der Probleme, denen obdachlose Menschen gegenüberstehen. Wir erkannten, dass der Empfang von Post ein zentrales Problem darstellt“, erklären Nina Ptaszek und Anita Kauerhof ihren Ansatz. Es sei schwierig gewesen, die Akzeptanz der obdachlosen Menschen zu gewinnen. Die Studierenden erlebten sie als skeptisch gegenüber Innovationen. „Zusätzlich war das Abwägen von Innovation und Praktikabilität eine Herausforderung. Wir wollten, dass unsere Lösung nicht nur kreativ, sondern auch umsetzbar und einfach anzuwenden ist“, so die Studentinnen. Sie wollten „einen simplen Lösungsansatz mit großer Wirkung“ präsentieren, sagt ihr Kommilitone Logan dos Santos.

Das zweite Team der Viadrina präsentierte in Warschau seine Projekt-Idee mit dem Namen „EduSim“. Selin Özdenlik, Pavel Řezáč und Awin Ewa Saeid bearbeiteten ein Thema, das sie alle noch aus eigenem Erleben kennen: die Häufung von Unterrichtsausfall in Schulen und die daraus entstehenden Probleme der Schülerinnen und Schüler, den Lernstoff zu bewältigen. Ihre Idee: Virtual-Reality-Technik für Vertretungen nutzen. „EduSim geht nicht nur den Lehrermangel an, sondern stärkt auch die Demokratie, indem es gleichen Zugang zu hochwertiger Bildung für alle ermöglicht“, verdeutlicht Awin Ewa Saeid den großen Rahmen des Projektes. Bei ihrer Lösung setzen sie auf innovative Technologien in Form von Virtual-Reality-Sets. „Virtual Reality kann komplexe Konzepte leichter verständlich machen, gerade bei Themen, die man nur schwer anhand von Lehrbücher erfassen kann“, so die Überzeugung von Pavel Řezáč.  Als größte Herausforderung hat das Team empfunden, Geldgeber für das Projekt zu finden. Wichtig sei ihnen die klare Botschaft, dass es nicht darum gehe, Lehrerinnen und Lehrer zu ersetzen. Vielmehr wollen sie eine Übergangslösung anbieten, wenn eine Vertretung nicht möglich ist.

Bei der Präsentation der Projekte in Warschau seien sie alle ziemlich aufgeregt gewesen. „Aber das hat unsere Motivation nur noch gesteigert“, sagt Zuzanna Zagórska vom Team PostBoxBuddy. „Dieses Event hat gezeigt, dass wir mit harter Arbeit, einer guten Idee und ein bisschen Glück etwas erreichen können, das anderen in der Zukunft hilft“, zieht sie das Fazit ihrer ersten Konferenz-Beteiligung. Die schönste Erfahrung sei der Austausch mit den Studierenden aus Warschau gewesen, berichtet das Team EduSim. Doch auch über diese persönliche Erfahrung hinaus habe die Konferenz eine große Bedeutung: „Es war schön, wie offen und respektvoll wir miteinander umgegangen sind. Diese Art der Interaktion ist genau das, was wir brauchen, um die Herausforderungen in der EU gemeinsam anzugehen.“

Das Seminar der Studierenden ist Teil der Reihe „Hinsehen“, die Prof. Dr. Albrecht Söllner seit vielen Jahren anbietet. Darin regt er die Studierenden an, sich mit Lebensrealitäten in Europa zu beschäftigen und den Ursachen für Populismus und Globalisierungsskepsis auf den Grund zu gehen. „Das Ziel der Veranstaltung besteht letztlich darin, Positionen zu erarbeiten und Vorschläge zu den Spielregeln von Gesellschaften in einer globalisierten Welt zu entwickeln, die auf Akzeptanz stoßen und die Demokratie stärken“, so Albrecht Söllners Beschreibung des Seminars.

Auch in diesem Semester sei es gut gelungen, theoretisches Wissen konsequent praktisch umzusetzen. „Die studentischen Teams erkennen sofort, wie sinnvoll ihre Arbeit ist und das motiviert sie ungemein“, so die Beobachtung des Professors. Die Exkursion nach Warschau habe nicht nur den Zusammenhalt der Studierenden gestärkt: „Sie füllt auch die Beziehung zu unserem polnischen Partner im ERUA-Programm, der SWPS, mit Leben.“

Finanziell ermöglicht wurde die Exkursion durch die Dieter Schwarz Stiftung und das Entrepreneurship Research Lab (ERLab).

Text: Frauke Adesiyan
Fotos: Albrecht Söllner, Awin Ewa Saeid 

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