„Ambivalenzen der Transformation“ – Viadrina beteiligt sich mit Panels zu Wissenschaft im Dialog und Gesellschaft im Dialog an internationalem Forum Europäischer Städte

Vom 8. bis 10. Mai findet in Frankfurt (Oder) und Słubice das „Forum Europäischer Städte“ statt. Die Konferenz ist eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Frankfurt (Oder), der Gemeinde Słubice und der Europa-Universität Viadrina. Sie trägt den Titel „Ambivalenzen der Transformation – Wie wachsen Menschen und Gesellschaften an Veränderungen und Brüchen?“. Es werden Gäste aus anderen europäischen Doppelstädten und Hansestädten aus über zehn Ländern, europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Teilnehmende aus der Region beiderseits der Oder erwartet.

Die Europa-Universität ist maßgeblich am Programm beteiligt: Am 9. und 10. Mai gestalten Viadrina-Akteure Panels, Diskussionen und Austausch-Formate zu den Oberthemen „Wissenschaft im Dialog“ und „Gesellschaft im Dialog“. In Key Notes und Diskussionen geht es um Fragen der deutsch-deutschen und europäischen Transformationen. In den Dialogformaten geht es um Erfahrungen mit vergangenen Umbrüchen sowie, mit Blick in die Zukunft, um die Gestaltung von kommenden Transformationen.

Annalena Baerbock, Außenministerin und Brandenburger Bundestagsabgeordnete, hat ihre Teilnahme an der Eröffnung der Konferenz am Montag, dem 9. Mai, 9.45 Uhr, im Auditorium Maximum der Viadrina, angekündigt. Gemeinsam mit dem Brandenburgischen Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke hat sie die Schirmherrschaft über das Forum übernommen.
Zum Livestream der Eröffnung

Unter den Diskutanten sind u. a. die Integrationsexpertin Prof. Dr. Naika Foroutan, Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik an der Humboldt-Universität zu Berlin und Gründungsvorstand des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) e.V., der ZEIT-Online-Journalist und gebürtige Frankfurter Christian Bangel.

Interessierte können sich für das Forum unter zukunftszentrum@frankfurt-oder.de  oder telefonisch unter der 0335 552-85-15 / -16 anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos.

Key Visual Forum ©Stadt Frankfurt (Oder)

Programm des Panels Wissenschaft im Dialog
(Ort: Logensaal, Europa-Universität Viadrina)
Montag, 9. Mai: Deutsch-Deutsche Transformationen
11.00 -13.00 Uhr
Ostdeutsche Transformationserfahrungen und Zukunftsentwicklung mit regionaler Perspektive
Dr. Marcus Böick, Ruhr-Universität Bochum
Prof Dr. Rita Aldenhoff-Hübinger, Europa-Universität Viadrina
Prof. Dr. Karl Döring, Vorstandsvorsitzender a.D. EKO Stahl AG
Hannes Langer, Bürgerbühne Frankfurt
Moderation: Dr. Susann Worschech, Europa-Universität Viadrina
Die ostdeutsche Transformation stellt als ‚hybride Transformation‘ einen Sonderfall unter den postsozialistischen Transformationspfaden dar, da der Prozess durch die direkte Eingliederung der DDR in das bestehende Wirtschafts- und Politiksystem der BRD gekennzeichnet war. In der ‚hybriden Transformation‘ konnten, anders als beispielsweise in Polen, manche Härten der Transformation besser abgefedert werden, da z.B. soziale Sicherungssysteme der alten Bundesrepublik sofort vorhanden waren, zugleich fehlte es der Transformation in Ostdeutschland gegenüber den östlichen Nachbarn an Selbstbestimmung. Hybride Transformation heißt auch, dass Transformation eigentlich ein gesamtdeutsches Phänomen ist, aber im Westen praktisch negiert wurde und noch immer wird.

Insbesondere die Privatisierung von staatseigenen Betrieben durch die Treuhand hat den Transformationsprozess strukturell, aber auch emotional geprägt, die Arbeitslosenzahlen in bis dato unbekannte Höhen steigen lassen und das Selbstverständnis einer stark auf das Arbeits- und Betriebsleben, auf Kollektive und Strukturen fokussierten Gesellschaft erschüttert.

In diesem Panel wollen wir in die 1990er Jahre zurückblicken und die Prozesse Transformation nachzeichnen, die gravierende politische, wirtschaftliche und soziale Folgen für weite Teile der ostdeutschen Bevölkerung hatte und mit der Marginalisierung von Regionen und Menschen einherging. Welche ‚langen Linien der Transformation‘ lassen sich nachvollziehen, welche heutigen Probleme haben hier ihre Wurzeln? Wir werden auch fragen, wie sich die Regionen konsolidiert haben, aus welchen Kräften heraus sich Transformationsexpertise und Resilienz entwickeln könnten, und welche Zukunftsprojekte hier besonders relevant sind.
14.30-18.30 Uhr
Deutsch-deutsche Verwobenheiten, Migration, (Des-)Integration
Prof. Dr. Naika Foroutan, DeZIM Berlin
Dr. Adriana Lettrari, „Dritte Generation Ost“
Dr. Daniel Kubiak, Humboldt-Universität Berlin
Axel Drieschner, „Planstadt Eisenhüttenstadt”, Museum Alltagskultur und Kunst aus der DDR
Christian Bangel, ZEIT Online
Antje Materna, Projekt „Leben in Neuberesinchen“
Roland Semik, Projekt „Mała Moskwa, Słubice”
Moderation: PD Dr. Carolin Leutloff-Grandits, Europa-Universität Viadrina
Um die Transformation in Deutschland zu verstehen, reicht es nicht, auf die neuen Bundesländer im Osten Deutschlands zu schauen. Vielmehr ist es fruchtbar, die Veränderungen in beiden Teilen nachzuzeichnen und in ihrer Verwobenheit miteinander zu diskutieren und auf die sich ändernden Machtverhältnisse wie auch die vielschichtigen Integrations- und Desintegrationsprozesse einzugehen. Dies ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil es durch die Eingliederung der DDR in die BRD zu einem Institutionen-, Werte- und Elitentransfer von den alten in die neuen Bundesländer kam. Die Verwobenheit dieser Transformationen ist aber auch durch die Migration vieler Ostdeutscher in die alten Bundesländer als Antwort auf die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern bedingt.  In diesem Panel wollen wir daher auf die dt.-dt. Transformation aus einer machtkritischen Perspektive schauen. Gleichzeitig wollen wir die unterschiedlichen sozialen Gruppierungen und ihre gesellschaftlichen Positionierungen wie auch die Deklassierungs-, Subalternisierungs- und Reetablierungs-Erfahrungen genauer in den Blick nehmen. Dafür sollen binäre Kategorien von Ost- und West entlang von intersektionalen Kategorien wie Gender, Klasse, Bildung und Migrationshintergrund erweitert werden.  Welche Desintegrations- und Integrationsprozesse können wir nachzeichnen, und welche Gruppierungen haben sich hier herausgebildet? Welche Kräfte waren hierfür verantwortlich bzw. könnten noch stärker mobilisiert werden? Wie bilden diese sich diese Prozesse entlang der Doppelstadt Frankfurt (Oder)/ Słubice ab?
Dienstag, 10. Mai: Europäische Transformationen
9.00-12.30 Uhr
Europäische Transformationen zwischen „postsozialistisch“ und „neoliberal“

Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Universität Regensburg
Prof. Dr. Annette Weinke, Friedrich-Schiller- Universität Jena/ Historisches Kolleg München
Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast, Europa-Universität Viadrina
Dominik Stegmayer, RECET Wien
Moderation: PD Dr. Carolin Leutloff-Grandits, Europa-Universität Viadrina
Mit dem Ende des Kalten Krieges hat sich Europa stark verändert. Prozesse von Neoliberalisierung durch verstärkte Privatisierung von Eigentum und die verstärkte Einbindung privater Akteure in Steuerungsprozesse, der Abbau des Sozialstaates wie auch das Erstarken von Populismus beschränken sich nicht nur auf die postsozialistischen Länder, sondern prägen zunehmend auch westeuropäische Wohlfahrtsstaaten.

In diesem Panel wollen wir uns mit Transformationen aus der europäischen Perspektive auseinandersetzen. Auf welche Herausforderungen und Krisen sind die Gesellschaften in Ost und West getroffen, und wie sind sie mit diesen Krisen umgegangen?  Inwiefern spielt das sozialistische Erbe eine Rolle und welche Bedeutung hat die Neoliberalisierung?   Welche neuen Interdependenzen bestehen zwischen den Transformationen in ehemals sozialistischen Gesellschaften und zu welchen Peripherialisierungsprozessen ist es innerhalb der Gesellschaften, aber auch zwischen den Staaten gekommen? Welche Konzepte und Theorien scheinen als Analyserahmen für diese Prozesse fruchtbar zu sein? Welche Stabilisierungsinitiativen und Möglichkeiten sehen wir, um negative Tendenzen wie die Peripherialisierung von Regionen und Staaten oder Marginalisierung von Bevölkerungsgruppen und das Erstarken des Populismus abzuwenden und unsere demokratischen Gesellschaften stärker und sozial gerechter zu machen?
14.00-16.00 Uhr
Transformation & (Doppel-)Städte in der europäischen Debatte – Ambivalenzen, Abhängigkeiten, Grauzonen und autonome Wege

Dmitrij Kapitelman, Schriftsteller, Publizist
Dr. Peter Ulrich, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Fachgebiet Regionalplanung
Olga Pischel, Städtepartnerschaftsverein Berlin- Steglitz-Zehlendorf – Charkiw
Prof. Dr. Timm Beichelt, Europa-Universität Viadrina
Moderation: Dr. Susann Worschech, Europa-Universität Viadrina
Die weitreichenden Transformationen der postsozialistischen Länder wie auch in den meisten Fällen ihre Integration in die Europäische Union wurden gemeinhin als ‚nachholenden Modernisierung‘ betrachtet: postsozialistische Gesellschaften sollten und wollen ‚aufholen‘, sich nach westlichem Vorbild modernisieren, Standards übernehmen, ihre Rechts-, Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme anpassen. Diese Prozesse gingen mit einem tiefgreifenden Wandel u.a. der Demografie und dem abrupten Wegbrechen bisheriger Sicherheiten und Überzeugungen einher und bergen bis heute ein erhebliches Konflikt-, aber auch Innovationspotenzial. Nach Jahren der Anpassung sieht u.a. der bulgarische Politologe eine „Ende der Imitationen“ gekommen, das es den postsozialistischen Ländern erlaube, ihre Transformationserfahrungen auch bewusster als eigenständige Entwicklung mit ungewisser, unplanbarer, sicher aber auch dynamischerer Zukunft zu verstehen. Die Transformation hat neben großen Anstrengungen auch viel innovatives Denken, Mut und Ausprobieren erfordert – Post-Transformationsgesellschaften sind daher durch die Ambivalenz gekennzeichnet, die sich aus der Gleichzeitigkeit von Brüchen Konflikten, neuen Ideen, und Experimenten ergibt.

Diese Ambivalenz und Vielfalt von Post-Transformation lässt sich insbesondere in europäischen Städten, Partnerstädten, Doppelstädten und Grenzregionen erkennen. Doppelstädte finden gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen der Transformation – demografischer Wandel, Strukturwandel, Bedeutungsverluste – und organisieren grenzüberschreitende Daseinsfürsorge. Partnerstädte verbinden Zivilgesellschaften, Verwaltungen und Wirtschaftsakteure in Europa, etablieren horizontale Verbindungen über Grenzen hinweg und entwickeln ihre eigene, kommunale europäische Solidarität, Verantwortung und gemeinsame Entwicklungspfade – und dadurch auch Zusammenhalt, Versöhnung und Freundschaft in Europa. Städte in der (Post-) Transformation, darunter auch die ukrainische Hauptstadt Kyjiw, sind Experimentierfelder für Stadtgesellschaften, die nach neuen Wegen der gemeinsamen, ökologischen, künstlerischen Stadtentwicklung suchen und dabei Altes und Neues, Struktur un Chaos verbinden.

In diesem Panel sprechen wir darüber, wie sich europäische (Post-) Transformationen in den Städten Europas spiegeln, wie Städte zusammenarbeiten und zugleich Barrieren und Brüche der Transformation in Europa aufzeigen und welche Potenziale europäische Doppelstädte wie Frankfurt und Słubice für die Zukunft Europas bergen.

16.30-18.00 Uhr
Abschlussdiskussion: „Die (Doppel-)Stadt der Zukunft: Woran erkennt ein:e Besucher:in des Zukunftszentrums 2030, dass die Stadtgesellschaft die Chancen des Umbruchs für sich genutzt hat?“

Format: „Fish Bowl“
Ort: Konzerthalle Frankfurt (Oder)
Moderation: Wendy Bell und Alyssa Doepmann, Europa-Universität Viadrina

 

Programm des Panels Gesellschaft im Dialog
(Ort: Konzerthalle Frankfurt (Oder))
Montag, 9. Mai: Transformation ist greifbar – Unsere Erfahrungen mit Umbrüchen
11.15-13.00 Uhr
Gesellschaftliche Transformation im Spiegel des individuell Erlebten, Gelernten und Gewonnenen
Austausch und Diskussionen:
Welche politischen oder gesellschaftlichen Veränderungen haben unser Leben am entscheidendsten geprägt?
Was haben diese Veränderungen aus uns gemacht, was haben wir aus ihnen gemacht?
Dialogformate Blind Date und World Café

Moderation: Dr. Anne Holper und Elena Mika, Europa-Universität Viadrina
15.00-17.30 Uhr
Blick auf das Unverarbeitete der Transformation: Überforderungen, Verluste, Konflikte
Austausch und Diskussionen:
Welche Verluste und Konflikte sind entstanden, die Bearbeitung verlangen – oder mindestens einmal voll anerkannt werden müssen?
Lässt sich Gutes daraus machen?
Dialogformat World Café

Moderation: Dr. Anne Holper und Prof. Dr. Lars Kirchhoff, Europa-Universität Viadrina
Dienstag, 10. Mai: Transformation ist gestaltbar: Unsere Sorgen und Vorhaben mit Blick auf die nächste Wende
09.00-12.30 Uhr
Eigene Rollen, Muster, Beiträge zum heutigen und zukünftigen Wandel
Austausch und Diskussionen:
Die nächste Wende ist schon voll im Gange – und welche Rolle spielen wir? Was sehen wir für Risiken und Chancen, wie hängen sie zusammen, wie gehen wir mit diesen Herausforderungen um?
Wie wollen wir das in der Vergangenheit Gelernte und Gewonnene nutzen?
Verschiedene Formate

Moderation: Dr. Anne Holper und Elena Mika, Europa-Universität Viadrina
14.00-15.30 Uhr
Fazit – Veränderungen in Angriff nehmen
Austausch:
Womit kehren wir nach Hause zurück? Welche Veränderungen werden wir selbst anstoßen?
Was kann nur gemeinsam passieren und was davon wollen wir zusammen in Angriff nehmen?
Verschiedene Formate

Moderation: Dr. Anne Holper und Elena Mika, Europa-Universität Viadrina

 

Eine dritte Säule des Programms zum Bereich Kunst und Kultur bietet unter der Überschrift „Entdeckungen im Doppelstadtraum“ Führungen, Exkursionen und Begegnungen an unterschiedlichen Orten an.
>>> Ausführliches Programm
>>> Kurzprogramm, brief programme, skrócony program (deutsch, english, polski)

Die Schirmherrschaft haben Annalena Baerbock, Bundesaußenministerin und Brandenburger Bundestagabgeordnete, sowie Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg inne.

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