Europaweites Forschungsprojekt zu „Anti-Gender“-Politik legt erste Ergebnisse vor
Medieninformation Nr. 49 vom 10. April 2024
Wo und wie sich „Anti-Gender“-Politik in verschiedenen Ländern zeigt, ist Thema des europaweiten Forschungsprojektes „Fostering Queer Feminist Intersectional Resistances against Transnational Anti-Gender Politics“, kurz RESIST, an dem die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) beteiligt ist. Im Rahmen des im Oktober 2022 gestarteten, vierjährigen Projektes wurden nun erste Ergebnisse veröffentlicht, die zeigen, wie Transgender-Rechte und LGBTIQ-Befürwortung international zur Zielscheibe von „Anti-Gender“-Politik geworden sind.
Die Studie ist die erste länderübergreifende Untersuchung, die „Anti-Gender“-Politik in Parlamenten, Medien und öffentlichen Kontroversen in einem europaweiten Kontext in den Blick nimmt. In einem ersten Teilprojekt wurden 200 Parlamentsdebatten auf nationaler Ebene und über 2.000 Zeitungsartikel aus 87 Medien in Ungarn, Polen, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und dem Europäischen Parlament im Zeitraum von 2015 bis 2023 untersucht. Die Forschungsergebnisse zeigen mehrere Muster, mit denen die Rechte von Frauen und LGBTIQ+-Personen in diesem Zeitraum in Frage gestellt wurden. In allen untersuchten Ländern zeigte sich, dass insbesondere die Rechte von trans- Menschen und die Anerkennung von LGBTIQ+-Rechten durch regelmäßige politische Vorstöße oder parlamentarische Debatten in Frage gestellt wurden.
Der Medienwissenschaftler Prof. Gavan Titley, Leiter des Projekts an der Universität Maynooth in Irland, erläutert: „Unsere Forschung zeigt, dass ein intensiver Angriff auf LGTBIQ+-Menschen in ganz Europa vorangetrieben wird durch den Angriff auf die Idee des ,Geschlechts‘ selbst. Die so genannte ,Anti-Gender‘-Politik, mit der seit Jahrzehnten Feminismus und reproduktive Rechte angegriffen werden, ist dabei nicht statisch“, betont der Projektleiter. So komme es vor, dass jegliche Form von LGBTIQ+-Sichtbarkeit und -Befürwortung als „aggressiver Aktivismus“ marginalisiert werde und behauptet wird, der „Mehrheitsbevölkerung“ würden Ideen und Werte einer „Minderheit“ aufgezwungen werden.
Die ersten Erkenntnisse sollen ermöglichen, in weiterführenden Studien zu erforschen, wie sich „Anti-Gender“-Politik auf Alltagserfahrungen, Meinungsfreiheit, akademische Freiheit, reproduktive Rechte sowie die Geschlechtervielfalt auswirkt. An der Europa-Universität Viadrina beschäftigt sich die Soziologin Dr. Latife Akyüz im Rahmen des Projektes mit der transnationalen Perspektive von Menschen, die aufgrund von „Anti-Gender“-Politik ihr Land verlassen mussten.
Hintergrund RESIST
Der Projektname RESIST steht für den Titel „Fostering Queer Feminist Intersectional Resistances against Transnational Anti-Gender Politics“. Das Forschungsprojekt wird durch das EU-Programm Horizon Europe gefördert. Neben der Europa-Universität Viadrina sind folgende Einrichtungen beteiligt: die Hochschule Luzern, das University College Dublin, die Edinburgh Napier University, die Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, die Université de Lausanne, die Université de Fribourg, die Maynooth University, die Universitat Pompeu Fabra und das Feminist Autonomous Centre for Research in Athen.
Weitere Informationen: https://theresistproject.eu