Wie die europäische Philosophie den Kolonialismus rechtfertigt – Konferenz und Forschungsprojekt an der Europa-Universität Viadrina

Medieninformation Nr. 70 vom 17. Mai 2024

Philosophische Rechtfertigungsmuster der kolonialen Expansion Westeuropas stehen von Donnerstag, dem 23. Mai, bis Samstag, den 25. Mai, im Zentrum einer Konferenz an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Forschende aus den USA, Kanada, England, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Deutschland diskutieren bei der Veranstaltung mit dem Titel „Belligerent Accumulation“ die Verflechtungen von Kolonial- und Philosophiegeschichte zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert.

Interessierte sind eingeladen, an der Konferenz im Logensaal der Viadrina, Logenstraße 11 in Frankfurt (Oder), teilzunehmen. Weitere Informationen zum Programm: https://accumulation-race-aesthetics.org/belligerent-accumulation/

Während der dreitägigen Konferenz stehen drei Narrative im Zentrum, mit denen der europäische Kolonialismus philosophisch legitimiert wurde:
·      die juristische Verteidigung des iberischen Kolonialprojektes durch die Schule von Salamanca,
·      die naturrechtliche Rechtfertigung von Landnahme, Kolonialkrieg und Sklaverei in den klassischen Vertragstheorien insbesondere bei Thomas Hobbes und John Locke und
·      der Ausschluss der Kolonisierten aus der Welt der Sublimierung, des Geschmacks und der moralischen Zivilisation in der westlichen Ästhetik mit Schwerpunkt auf den Positionen von David Hume und Immanuel Kant.

Die Konferenz ist die zentrale Veranstaltung des Forschungsprojektes „Wahrnehmen, Rechtsprechen und Verwerten in der kolonialen Moderne. Zum Nexus von ursprünglicher Akkumulation, race und westlicher Ästhetik“. Das von der Volkswagen-Stiftung mit rund 330.000 Euro geförderte Projekt wird geleitet von Prof. Dr. Katja Diefenbach, Dr. Pablo Valdivia (beide Europa-Universität Viadrina) und Prof. Dr. Ruth Sonderegger (Akademie der bildenden Künste Wien).

„Die Kolonialgeschichte ist für die Moderne nicht einfach ein Nebenkapitel. Mit dem Begriff ,koloniale Moderne‘ insistieren wir darauf, dass die Moderne konstitutiv mit dem Kolonialprojekt verwoben ist, dass sie ohne das Kolonialprojekt gar nicht zu denken ist“, so Literaturwissenschaftler Dr. Pablo Valdivia. Das Forschungsprojekt sei eine theoretische Intervention gegen die eurozentristische Vorstellung, dass sich die Moderne aus sich heraus entwickelt habe. Die Beschäftigung mit den historischen Rechtfertigungsstrategien des europäischen Kolonialismus habe dabei durchaus aktuelle Relevanz, macht Prof. Dr. Katja Diefenbach, Inhaberin der Viadrina-Professur für Kulturphilosophie/Philosophie der Kulturen, deutlich: „Wir entwickeln geschärfte philosophische Kategorien, um für die heutige Zeit gewappnet zu sein. Eine Zeit, in der Fragen der Ungleichheit, kapitalistischer Ausbeutung und rassistischer Gewalt noch aktuell sind. Wir geben Mittel an die Hand, um diese modernen Herrschaftsprozesse erkennen, kritisieren und sie vielleicht auch eines Tages ändern zu können.“

Prof. Dr. Katja Diefenbach und Dr. Pablo Valdivia stehen zum Thema der Konferenz und ihrem Forschungsprojekt für Nachfragen und Interviews zur Verfügung.
Kontakt: diefenbach@europa-uni.de und valdivia@europa-uni.de

 

 

 

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