„Wir können keine integrationsfördernden Effekte feststellen“ – Viadrina-Volkswirt präsentiert Studie zur Wohnsitzregelung

Medieninformation Nr. 78 vom 4. Juni 2024

Ein unpräzises Instrument, dass die Integration nicht fördert und Ausländerbehörden belastet – zu diesem klaren Urteil über die seit 2016 geltende Wohnsitzregelung für Geflüchtete kommt eine Studie unter Beteiligung des Viadrina-Volkswirtschaftlers Prof. Dr. Felix Weinhardt. Am Mittwoch, dem 12. Juni, 16.15 Uhr, stellt er die Ergebnisse an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) vor. Gemeinsam mit Constantin Tielkes, Mitarbeiter an Weinhardts Professur für Public Economics, spricht er über „Restriktionen bei der Wohnortwahl von Geflüchteten: Integrations- und Steuerungswirkungen in Deutschland“. Interessierte sind herzlich eingeladen, die Veranstaltung im Logenhaus, Logenstraße 11, Raum 101/102, zu verfolgen.

Seit 2016 gilt in Deutschland die Wohnsitzregelung für Geflüchtete. Sie soll beliebte Zuzugsorte entlasten und die Integration fördern. Das aktuelle Ergebnis der Forschenden lautet allerdings: Der Verwaltungsaufwand ist hoch und die Steuerungswirkung begrenzt. Zwar ziehen infolge der Wohnsitzregelung weniger Geflüchtete innerhalb der ersten drei Jahre nach Abschluss ihres Asylverfahrens um (30 statt 42 Prozent) und von diesen wiederum weniger in sehr beliebte Zuzugsorte mit bereits stark ausgelasteter Integrationsinfrastruktur (fünf statt zwölf Prozentpunkte). Eine Mehrheit der Geflüchteten sei aber schon vor Einführung der Wohnsitzregelung gar nicht umgezogen und von den anderen wiederum eine große Mehrheit nicht in stark ausgelastete Orte, so Felix Weinhardt. Hinzu komme eine weitere Erkenntnis: „Tatsächlich können wir anhand unserer Daten keine integrationsfördernden Effekte feststellen. Was hier überwiegt, sind die negativen Effekte der Begrenzung der Umzugsmöglichkeiten für den Großteil der Geflüchteten, die sowieso nicht in die Hotspots gezogen wären.“ Zielführender wäre es, Zuzugssperren für besonders stark ausgelastete Gebiete zu definieren und im restlichen Bundesgebiet den Umzug weiterhin frei zuzulassen, so Weinhardts Überzeugung.
Im Interview berichtet Prof. Dr. Felix Weinhardt ausführlich über die Ergebnisse.

Die Studie basiert auf einer unter anderem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) jährlich durchgeführten Befragung von Geflüchteten in Deutschland und einem Forschungsdatensatz des Ausländerzentralregisters. Neben Prof. Dr. Felix Weinhardt, der auch am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) arbeitet, und seinem Mitarbeiter Constantin Tielkes, waren drei weitere Forschende beteiligt, die für die Technische Universität Berlin und das Forschungs- und Beratungsinstitut empirica arbeiten. Die Evaluation der Wohnsitzregelung wurde ursprünglich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert. Der nun vom DIW Berlin veröffentlichte Beitrag geht mit Blick auf die Wirkmechanismen der Wohnsitzregelung und deren Bewertung über das ursprüngliche Gutachten hinaus.
Zum Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

 

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