„Die Menschen wollen vor allem raus aus der Ukraine.“ Hilfsangebote der Abteilung Internationales der Viadrina

Viele aus der Ukraine geflüchtete Menschen kommen derzeit in der Doppelstadt Frankfurt (Oder) an. Nicht nur ihre geografische Lage, auch die besonderen Beziehungen zur Ukraine und das wissenschaftliche Profil machen die Viadrina deshalb zu einer gefragten Anlaufstelle. Mit welchen Herausforderungen sich die Abteilung Internationales der Viadrina aktuell konfrontiert sieht, darüber sprachen wir mit Torsten Glase, Co-Leiter der Abteilung.

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Torsten Glase und das Team der Abteilung Internationales organisieren an der Viadrina Hilfsangebote für geflüchtete Studierende und Forschende. - Foto: Heide Fest


„Ich dachte, schon Corona wäre schlimm, aber das war nichts im Verhältnis dazu, was wir gerade erleben“, kommentiert Torsten Glase die Situation. Quasi über Nacht musste die Abteilung Internationales Möglichkeiten und Wege finden, auf die vielen Anfragen und Bedürfnisse ganz unterschiedlicher Menschen zu reagieren, die sie nun täglich erreichen. „Wir entwickeln gerade ein ganzheitliches System, wie man den einzelnen Gruppen schnell und unbürokratisch helfen kann“, so Glase.

Die Abteilung Internationales ist für alle zuständig: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Partneruniversitäten, Austauschstudierende, die bereits vor dem Kriegsausbruch an der Viadrina studierten und nun bleiben wollen, ehemalige Doktoranden und ukrainische Studierende, die eine Möglichkeit suchen, ihre Karriere hier fortzuführen oder ukrainische Schülerinnen und Schüler ohne Deutschkenntnisse, die nach ihrem Schulabschluss ein Studium an der Viadrina aufnehmen wollen.

 „Die Menschen wollen vor allem raus aus der Ukraine“, stellt Glase fest. „Es gab aber auch Anfragen von ukrainischen Studierenden, die aktuell in Russland studieren, ob sie ihr Studium bei uns fortsetzen können. Auch das versuchen wir zu ermöglichen.“ Sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des International Office sind für die einzelnen Gruppen als Ansprechpersonen zuständig.

Die Botschaft, die das International Office den Hilfesuchenden vermitteln will: Unsere Türen stehen offen, wir versuchen schnell und unbürokratisch zu helfen. Bereits jetzt hat die Viadrina in den Wohnheimen 100 Plätze für (künftige) Studierende aus der Ukraine in Frankfurt (Oder) zur Verfügung gestellt. Auch die Adam-Mickiewicz-Universität kann 100 Wohnheimplätze in Słubice anbieten. Zeitgleich werden Stipendien und Drittmittel eingeworben, die kurzfristig von zahlreichen Wissenschaftsstiftungen und Organisationen aufgesetzt wurden oder deren Beantragung erleichtert worden ist. Die ukrainischen Austauschstudierenden haben bereits die Zusage bekommen, dass sie länger an der Viadrina bleiben können, wenn sie das wollen. 

Darüber hinaus wird das Angebot des Viadrina-Colleges zur Studienvorbereitung für aus der Ukraine geflüchtete zukünftige Studierende stark ausgebaut. Vor allem die Deutsch- und Englisch-Sprachkurse werden aufgestockt, damit die Studieninteressierten bald regulär an der Viadrina studieren können.

Viadrina-Studierende engagieren sich auch in der Stadtgesellschaft

Das International Office steht auch in engem Austausch mit der Stadt und dem Studentenwerk. „Die Zusammenarbeit läuft sehr gut“, sagt Glase. Die Viadrina stellt beispielsweise studentische Hilfskräfte ein, um bei der Integration von Geflüchteten in der Stadt und an der Universität zu unterstützen. Dass viele Studierende der Viadrina mehrsprachig sind und viele auch ukrainisch sprechen, erleichtert diese Aufgabe enorm.

Einstweilen fährt das Team der Abteilung auf Sicht. „Niemand kann planen, wie lange das geht; das ist wie ein Blick in die Glaskugel“, erklärt Glase. „Wir hoffen natürlich, dass der Krieg schnellstmöglich vorbei ist. Im Grunde wollen die meisten ja auch wieder zurück in die Ukraine. So planen wir zunächst für ein bis zwei Semester.“

Die Universität organisiert aber nicht nur Hilfe für Studierende und Forschende, sondern fördert auch verstärkt den akademischen Austausch mit der Ukraine. In Zusammenarbeit mit Stefan Henkel, der alle an der Viadrina angelaufenen Projekte zur Ukraine koordiniert, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Europa-Universität ad hoc Formate entwickelt, mit denen der Dialog mit der akademischen Welt in der Ukraine weitergeführt werden soll, wie etwa „Voices from Ukraine“. Außerdem hat die Hochschule einen Viadrina-Förder- und Notfallfonds für aus der Ukraine geflüchtete Forschende und Studierende aufgelegt.

(YM)