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An der Europa-Universität ist seit dem 28. April 2022 die Ausstellung „Übergangsgesellschaft. Akteure der Transformation in Berlin und Brandenburg nach 1989“ zu sehen. Sie macht den gewaltigen Umbau in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nach der Wende begreifbar anhand der Lebensgeschichte von 14 Menschen aus Berlin und Brandenburg, die mit ihrem Engagement Ostdeutschland entscheidend geprägt haben. Zur Vernissage waren zwei der Porträtierten eingeladen, über ihre Transformationserfahrung zu berichten. Dr. Jürgen Grünberg, einst Beauftragter der Stadt Frankfurt (Oder) für die Neugründung der Viadrina und heute Referent im Präsidialbüro der Europa-Universität, schilderte den Weg von der „Faszination für eine Idee“ zur Neugründung.
Für den Frankfurter Oberbürgermeister René Wilke könnte es keinen geeigneteren Ort, keine geeignetere Zeit für diese Ausstellung geben: Die Viadrina feiert ihr 30-jähriges Bestehen und die Stadt bewirbt sich als Standort für das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit in Ostdeutschland. „Gesellschaftlicher Wandel ist die Summe dessen, was einzelne Menschen tun und erleben. Er wird von Menschen gemacht, die ihn gestalten“, sagte Wilke in seiner Rede bei der Vernissage. Dies gelte für die Nachwendezeit und auch für die Zukunft. Deshalb sei es so interessant, dass die Ausstellung die Umbrüche in der Gesellschaft anhand von einzelnen Biographien erlebbar mache.
Lob für das Ausstellungskonzept kam auch von Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal: „Es ist genau der richtige Ansatz, dass wir uns die Transformation in der Biographie der Menschen anschauen, die die Wende mitgestaltet haben. Auch die Viadrina ist ein Erfolg der Transformation, sie verdankt ihren Aufbau einzelnen Menschen. Wir brauchen die Erfahrung der Menschen, die Transformation erlebt und gestaltet haben“, würdigte sie das Engagement der Porträtierten.
„Wir haben uns auf die Suche gemacht nach Menschen vor Ort, in Berlin und Brandenburg, die sich im Transformationsprozess auf unterschiedliche Art und Weise und auch mit unterschiedlichem Erfolg eingebracht haben", erläuterte die Kuratorin Eva Fuchslocher das Ausstellungskonzept. „Unser Ziel war es heutige oftmals polarisierende Debatten um einen unaufgeregten Blick auf die lokale Ebene zu bereichern und die Frage zu stellen, wer vor Ort die Dinge mit in die Hand genommen hat. Waren es die viel zitierten Wessis oder nicht auch viele Ostdeutsche, die die Chancen und Möglichkeiten der „neuen Zeit“ nutzten?“
Daran anknüpfend betonte Dr. Maria Nooke, Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, dass der revolutionäre Wandel seit 1990 von den Menschen unterschiedlich wahrgenommen worden sei. Es sei wichtig, den Blick zu schärfen für gemeinsame, aber auch für unterschiedliche Erfahrungen. „Es war eine Zeit des Aufbruchs, aber auch eine Zeit der Verluste. Die Transformationsprozesse beinhalten neben Erfolge auch Misserfolge und Enttäuschungen“, sagte sie. Es sei ein besonderes Verdienst dieser Ausstellung, dass sie nicht nur Erfolgsgeschichten erzähle.
Eine Zeit voller Enthusiasmus mit Raum für neue Ideen
Beim anschließenden Podiumsgespräch mit Ausstellungskuratorin Eva Fuchslocher kamen zwei der Porträtierten zu Wort. Sie ließen die Nachwendezeit lebendig werden – und erzählten dann doch Erfolgsgeschichten.
„Wir vergessen manchmal, wie das Leben in der DDR ausgesehen hat“, sagte Katja Wolle, die ab 1990 als Bürgermeisterin in Petershagen-Eggersdorf den Wandel gestaltete, bevor sie auch in Frankfurt (Oder) als Bürgermeisterin arbeitete. Sie führte den Gästen der Vernissage eindrücklich vor Augen, mit welchen Herausforderungen sich eine Gemeindechefin nach der Wende konfrontiert sah. Oft betrafen diese Herausforderungen die marode oder fehlende Infrastruktur: „Der Essenskeller der Eggersdorfer Schule war früher ein Luftschutzbunker: Wenn es regnete, lief er voll, wurde ausgepumpt und dann gab es Mittagessen.“ Warum hat sie sich damals trotz dieser Widrigkeiten für das Bürgermeisteramt entschieden? „Nach der Wende dachte ich mir: Jetzt wird es hier doch erst interessant. Ich war im Neuen Forum engagiert und schließlich: Einer musste es machen.“ Es sei sehr viel möglich gewesen in dieser „fröhlichen Zeit voller Enthusiasmus“, betonte sie.
Dem pflichtete Dr. Jürgen Grünberg bei, der im Frühjahr 1990 das Ressort Wissenschaftspolitik in Frankfurt (Oder) leitete. „Es herrschte eine unglaubliche Aufbruchsstimmung!“ Er erklärte sein Engagement für das Projekt der Neugründung der Universität: „Ich war fasziniert von der Idee, deshalb bin ich aktiv geworden. Und wir waren erfolgreich: Wir haben innerhalb von zwei Jahren eine Universität von null auf hundert gebracht.“ Dies sei nur durch eine Gemeinschaftsanstrengung vieler engagierter Menschen möglich geworden. Er erinnerte sich an ein Gespräch mit dem Viadrina-Gründungsrektor Prof. Dr. Dr. Knut Ipsen: „Er sagte zu mir: ‚Im Ruhrgebiet in den 1960er-Jahren hatten wir auch einen Strukturwandel. Damals wurden im Ruhrgebiete viele Unis gegründet und das hat die Region vorangebracht.‘ “
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