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„Das ist mein Dorf. Im Westen Deutschland, da geht die Sonne unter. Im Osten Polen, da geht die Sonne auf.“ Das kleine Mädchen dreht sich mit wehenden Haaren glücklich inmitten einer Blumenwiese. Sie ist die Tochter australischer Eltern, die sich in der deutsch-polnischen Grenzregion niedergelassen haben und in ihrem Garten auf Ruinen eines ehemaligen Gutshauses der Finck von Finckensteins gestoßen sind. Stolz zeigt der Familienvater Ausgrabungen und hält eine alte Fotografie in die Kamera. Sie sind die ersten Protagonisten, die Andreas Voigt in seinem Dokumentarfilm porträtiert. „Du bist ein genauer Beobachter, der die Menschen mag und sich gern im Grenzland und zwischen Grenzen bewegt“, hatte Filmwissenschaftler Prof. Dr. Randall Halle von der Universität Pittsburgh den Regisseur und langjährigen Freund in seinen einleitenden Worten vorgestellt.
Wie zugewandt Voigt sich mit der Kamera den Menschen auf polnischer und deutscher Seite nähert, erlebten mehr als 100 Gäste in den folgenden knapp zwei Filmstunden. Sie begegnen Eleni, deren griechischer Großvater 1949 wie rund 14.000 Partisanen aus Griechenland nach Polen flüchtete, und die heute als Musikerin ihre griechische Tradition in Schlesien lebt. In Hoyerswerda treffen sie einen jungen Kurden aus Syrien, der in der Autolackiererei „Träume aus Lack“ arbeitet und sich mit einem eigenen Häuschen – „Habe ich auf ebay kleinanzeigen gefunden.“ – ein neues Leben aufbaut. Voigt fängt auch den Alltagsrassismus ein: vom Rumdrucksen der deutschen Kollegen über die deutsche Flagge am Nachbarhaus bis zu einem NPD-Graffiti auf dem Kleinwagen des Syrers.
Voigt begleitet diese Menschen emphatisch, man merkt, dass sie gern von sich erzählen und ihre Geschichten teilen möchten. So auch Zofia, die als Kind mit ihren Eltern aus Wilna nach Gubin flüchtete. Sie bekamen Haus und Boden vertriebener Deutscher zugewiesen. „Damals entdeckte meine Mutter, wie Bohnenpflanzen im Garten wuchsen. Die Deutschen müssen sie noch gesät haben, bevor sie vertrieben wurden.“ Jahr um Jahr habe ihre Mutter die Bohnen geerntet und ausgesät. „Und heute mache ich das: Jedes Jahr säe und ernte ich aufs Neue“, erzählt sie, während Voigt sie und ihren Mann bei der Aussaat begleitet. Ehrfürchtig hält Zofia ein Schraubglas voller roter Bohnen in die Kamera: „Das ist ein Schatz. Die ganze deutsch-polnische Geschichte ist in diesem Glas.“
Genau das ist es, was die Menschen und ihre Geschichten aus „Grenzland“ ausmacht: In jedem individuellen Leben spiegelt sich Politik und Geschichte. „Mich interessiert und fasziniert, wie Weltgeschichte unsere kleinen Leben prägt“, so Regisseur Voigt im anschließenden Publikumsgespräch.
Zu der Veranstaltung im Rahmen der Feierlichkeiten von „30 Jahre Viadrina“ hatten das Viadrina Institut für Europastudien (IFES) und das Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION in den Logensaal eingeladen.
Mehr zum Film: https://barnsteiner-film.de/grenzland/
(MG)
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