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Dorothée Thierer arbeitet seit dem 14. März 2022 im Team der Zentralen Studienberatung an der Europa-Universität als Systemische Beraterin. Welche Hilfs- und Beratungsangebote es für Studierende gibt, speziell auch für Geflüchtete aus der Ukraine, erzählt die 36-Jährige im Interview.
Sie sind allein für die psychologische Beratung der Studierenden an der Viadrina zuständig. Haben Sie viel zu tun?
Das kann man so sagen, ich bin gut ausgelastet. Hauptsächlich mache ich Studierendenberatung in Einzelberatungssettings, also 50-Minuten-Sitzungen. Ich biete aber auch offene Sprechstunden an – telefonisch und vor Ort. Die Nachfrage ist gerade für die Einzelberatung groß, aber ich versuche es trotzdem so einzurichten, dass Studierende innerhalb von zwei Wochen einen Termin bekommen. Das gelingt meist auch. Es gibt zudem die Möglichkeit von Paar- und Familienberatung, allerdings gab es dafür bislang noch keine Nachfrage. Außerdem leite ich eine Achtsamkeitsmeditation an, die Mitarbeitenden wie Studierenden offensteht. Ich lade alle ein, das einmal auszuprobieren!
Die Systemische Beraterin Dorothée Thierer an ihrem Arbeitsplatz. - Foto: Yvonne Martin
Mit welchen Themen kommen die Studierenden hauptsächlich zu Ihnen?
Die Themen sind breit gefächert. Viele Anliegen und Probleme beziehen sich natürlich auf das Studium, beispielsweise Prüfungsangst oder Prokrastination. Studierende suchen zudem Hilfe bei Themen, die das Zwischenmenschliche berühren, wie etwa Abgrenzung von den Eltern, Auseinandersetzungen mit Partner:innen. Aber auch Diskriminierungserfahrungen, Sexismus, Rassismus kommen immer wieder vor. Wichtig ist mir zu betonen, dass ich Beratung anbiete, keine Therapie! Wenn ich das Gefühl habe, die Themen liegen in Bereichen eines Heilauftrags, gebe ich den Hinweis an Klient:innen, sich an approbierte Therapeut:innen zu wenden. Das Schöne an der Arbeit mit Studierenden ist, dass sie häufig kognitiv sehr affin sind, sehr reflektiert und sich gut ausdrücken können. Sie machen mit, wollen vorankommen und sind sehr zuverlässig. Mein Job ist richtig erfüllend und macht mir großen Spaß!
Welche Angebote gibt es für geflüchtete Studierende aus der Ukraine?
Ihnen steht natürlich auch die Einzelberatung offen; wir wollen aber auch ein Gruppenangebot auf Englisch zum Austausch anbieten. Darin kann es um Resilienzstärkung gehen, zum Umgang mit der Krise und dem Input der Medien. Bisher ist es noch nicht gestartet, aber wer Interesse und den Bedarf hat, kann sich gern melden. Es soll ein Klient:innen-zentriertes, offenes Angebot sein, bei dem die Interessen der Studierenden und Promovierenden starke Berücksichtigung finden – sie sollen selbst über die Themen entscheiden können. Den Gruppenprozess möchte ich gern gemeinsam gestalten und auch Ansätze und Lösungen gemeinsam entwickeln.
Sie arbeiten mit dem systemischen Ansatz. Was bedeutet das?
Der systemische Ansatz kommt aus den Sozialwissenschaften, er wurde innerhalb der amerikanischen Familientherapie entwickelt. Verkürzt gesagt geht es darum, verschiedene soziale Systeme miteinzubeziehen, in denen Personen handeln und agieren. So erhält man unterschiedliche Perspektiven auf eine Person und das kann bei Klient:innen einen Perspektivwechsel anregen. Was ich dabei wichtig finde und was den systemischen Ansatz meines Erachtens ausmacht: Man geht davon aus, dass die Lösung für ein Thema bereits in der Person selbst liegt. Ich sehe mich selbst als eine Art Begleiterin, die über ungewöhnliche Fragen versucht, diese Lösung zu finden; meine Aufgabe ist es nicht, Ratschläge zu erteilen. Wenn mir beispielsweise eine Klientin erzählt, dass sie gerade nichts für die Uni tut, gebe ich ihr keine Tipps, wie sie das ändern kann, sondern versuche mit ihr gemeinsam herauszufinden, warum das so ist, ob darin vielleicht auch etwas Positives liegt und wir analysieren gemeinsam, was sie bisher getan hat und worin sie vielleicht noch Unterstützung benötigt.
Was gefällt Ihnen selbst am systemischen Ansatz?
Als Sozialwissenschaftlerin finde ich die sozialkonstruktivistische Denkweise total spannend; Strukturen, auch Machtstrukturen, zu hinterfragen und das in einem beratenden Kontext einzubringen. Oder auch nach Herausforderungen zu gucken, die bestimmte Menschen tragen, die andere nicht tragen, im akademischen Kontext beispielsweise Arbeiter:innenkinder. In der Beratung wird die Realität der Klient:innen erst einmal nicht in Frage gestellt, sondern man erkennt an, dass die Lösungen, die sie für sich gefunden haben, einen guten Grund haben. Und erst dann wird geprüft: Sind diese Lösungen noch zielführend? Lässt sich etwas Neues finden? Mir gefallen zudem die Methoden: Die Systemik bezieht verschiedene Ansätze aus der Verhaltenstherapie, der Analyse und der Tiefenpsychologie mit ein. Typisch ist es, mit Visualisierungen zu arbeiten. Bei der Stuhltechnik etwa, sich in die Rolle des Gegenübers zu begeben, sich auf den Stuhl der Mutter zu setzen: Was würde sie jetzt sagen? In der Beratung probiere ich mit meinen Klient:innen diese Methoden aus. Es gilt ja nicht nur zu reden, sondern auch ins Tun zu kommen.
(YM)
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