Vom Wohnheim ins Marburger Rathaus – Studierende erarbeiten partizipatives Geschichtsprojekt zum Stadtjubiläum

Drei Studentinnen des Viadrina-Masterstudienganges „Schutz Europäischer Kulturgüter“ haben im Rahmen ihres Studiums ein Format entwickelt, durch das Bürgerinnen und Bürger von Marburg anlässlich des 800. Stadtgeburtstages ihre subjektive Marburg-Geschichte erzählen können. Das Projekt „Stück für Stück. Marburgs Geschichte der Zukunft gemeinsam erzählen“ mündet im Februar in einer Ausstellung und soll Anstöße für ein geplantes Stadtmuseum geben.

Mitte November im historischen Rathaussaal von Marburg: Vor laufender Kamera präsentieren Bürgerinnen und Bürger ihre persönlichen Zeitzeugnisse aus der jüngeren Stadtgeschichte. Eine Sammlung von Ansteckern ist dabei, Wahlplakate und ein klappbarer Zylinder. Die Marburgerinnen und Marburger, die die Dinge aus ihren Kellern, Dachböden und Schränken geborgen haben, sind damit einem Aufruf von Lisa Bingenheimer, Julia Brandt und Ruth Fischer gefolgt – alle drei studieren seit dem Wintersemester 2021 an der Viadrina den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Schutz Europäischer Kulturgüter“. Für ihr praktisches Studienprojekt „Stück für Stück. Marburgs Geschichte der Zukunft gemeinsam erzählen“ haben sie sich zusammengefunden. >>>weiterlesen

Gruppenbild anlässlich der Präsentation der Fundstücke: Ruth Fischer (l.) Lisa Bingenheimer (2. v. r.) und Julia Brandt (r.) realisieren das Projekt zusammen mit der Stadt. Zum Auftakt begrüßte Stadträtin Kirsten Dinnebier (Mitte) im Rathaus. Mit ihren Fundstücken eröffneten Sabine Bald (2. v. l.) und Reinhold Drusel (3. v. r.) den Reigen der vielfältigen Präsentationen, die Thomas Rösser aufzeichnete. (Foto: Sabine Preisler, Stadt Marburg)


„Unser Kernanliegen ist radikal partizipativ“, beschreibt Ruth Fischer das Projekt. Sie ist Fachdienstleisterin für Kultur in Marburg und mit dafür verantwortlich, dass aus dem studentischen Projekt mittlerweile ein offizieller Bestandteil des Marburger Jubiläumsprogramms geworden ist. Im Kern des Projektes steckt die Frage: Wie kann Stadtgeschichte von und für Menschen interessant erzählt und zugleich professionell ausgestellt werden? Dabei soll möglichst keine Stimme überhört, keine Stolperfalle übersehen werden, so das Anliegen der studentischen Gruppe. Nach dem Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger von Marburg und dem Zusammentragen von rund 25 Gegenständen folgt nun die Erarbeitung eines Ausstellungskonzeptes. Dafür setzt sich ein Kuratorium zusammen, in dem möglichst viele gesellschaftliche Gruppen vertreten sind. „Wir haben jetzt diese subjektiv wichtigen und emotional aufgeladenen Gegenstände. Der nächste Schritt ist die Frage: Wie machen wir daraus eine Ausstellung?“, fasst Ruth Fischer die anstehende Aufgabe zusammen. Bürger:innen-Nähe und thematische Breite erhalten und gleichzeitig nicht oberflächlich werden, sei dabei eine der Herausforderungen für die Ausstellung, die im Februar digital und analog zu erleben sein wird.

Der Input durch das berufsbegleitende Studium sei für das Projekt von großem Wert, so Ruth Fischer. „Was ist eigentlich ein Denkmal, wo beginnt kulturelles Erbe, ab wann sind Dinge museal und wann sehenswert“, umreißt sie die Fragen, die sie und ihre Kommilitoninnen bei den Viadrina-Seminaren und -Exkursionen diskutiert haben. Besonders wertvoll am Studium findet Ruth Fischer neben der wissenschaftlichen Begleitung durch das Team des Studiengangs das Netzwerk von Expertinnen und Experten und den damit verbundenen Wissenstransfer. „Toll ist auch die Zeit zum Nachzudenken und Kontextualisieren. Die habe ich sonst im Berufsalltag oft nicht“, sagt Ruth Fischer und denkt gern an abendliche Diskussionen im Słubicer Studierendenwohnheim zurück.

In der Stadt Marburg schätzt man das durchdachte Projekt der Studentinnen und sieht es als einen Schritt zu einem geplanten und viel diskutierten Stadtmuseum. Stadträtin Kirsten Dinnebier richtete sich anlässlich der Präsentation der Fundstücke an die Bürgerinnen und Bürger mit den Worten: „Wir möchten Ihre Fundstücke sehen und Ihre Erinnerungen hören, damit unsere Stadtgeschichte von möglichst vielen sozialen Gruppen interessant erzählt wird. Das ist wichtig, weil wir auf diesem Weg gemeinsam unsere Geschichte verhandeln, unsere Vergangenheit besser verstehen, aus früheren Fehlern lernen, unsere Stärken und Schwächen erkennen können.“

(FA)

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