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„Ich sehe zwei Szenarien vor mir“, sagte Margret Mundorf, Sprachwissenschaftlerin und Schreibtrainerin, auf die Frage, ob ChatGPT eine Chance sei. „Bei Nummer eins sehe ich einen Schüler der sechsten Klasse vor mir, der seine Hausarbeiten fertigstellen soll und nun mit Chat-Robotern konfrontiert ist. Das zweite Szenario zeigt eine Person mit einem Stift und einem Stück Papier an einem Schreibtisch, die versucht, ihre Gedanken in eine lineare Form zu bringen. Dabei landen etliche Versionen im Papierkorb. Wollen wir das?“ Schon vor November vergangenen Jahres gab es etliche Schreibtools, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruhten. Die Technik sei vorhanden, deshalb sei die Diskussion, ob ChatGPT und andere berechtigt seien, bereits zu spät. Jetzt stelle sich laut Mundorf vielmehr die Frage: „Wie gehen wir damit um?“ >>>weiterlesen
Dem pflichtete Prof. Dr. Jürgen Neyer bei, Inhaber der Viadrina-Professur für Europäische und Internationale Politik. „Ich sehe ChatGPT grundsätzlich als Chance. Ich vergleiche das mit der Erfindung der Geschirrspülmaschine. Es wird sich in unseren Alltag einpassen; wir werden uns an diese Neuerung gewöhnen.“ Akademisch gesehen sei ChatGPT für unterschiedliche Textarten relevant: „Es gibt Texte, die sind Genussschreiben und es gibt Texte, die sind Arbeit. Das eine ist einfach, das andere nicht. Da komme ich als Studierender oder Lehrender nicht heraus, intelligent zu sein.“ Von Studierenden erhofft er sich durch ChatGPT besser ausformulierte wissenschaftliche Arbeiten. ChatGPT könne bei der Paraphrasierung von Argumenten und Absätzen helfen.
Rafael Bürkle, einer von Neyers Studierenden, habe bereits eine Hausarbeit darüber verfasst, wie wissenschaftliche Arbeiten mit Künstlicher Sprachintelligenz am Beispiel von ChatGPT aufgebaut und geschrieben werden können. Eine breite Literaturrecherche sowie die Formulierung des Wissensstandes in einer Forschungsfrage, die bislang noch niemand gestellt habe, blieben nicht aus, sagte Rafael Bürkle. Weiterhin sei es eine Herausforderung, Evidenzen zu finden, die die Forschungshypothese belegen. „Bei meiner Recherche merkte ich, wie sich ChatGPT zu sehr auf einen Autor versteifte“, sagte Bürkle. ChatGPT biete eine große Menge an Evidenzen. Mit Vorsicht zu genießen seien dabei Diskurse, die nicht aufgedeckt werden. Zudem müsse beachtet werden, welchen Einfluss Biases haben – also die Gefahr, dass Voreingenommenheiten zu Verzerrungen führen.
Die Rolle der Wissenschaft und von Universitäten liege vor allem darin, die Entwicklung solcher KIs zu begleiten und die vorgeschalteten Reflexionsprozesse kritisch zu hinterfragen, waren sich die Podiumsteilnehmenden einig. Marie-Therès Fester-Seeger, Post-Doc an der Viadrina-Professur für Sprachgebrauch und Migration, argumentierte: „KIs basieren auf menschlichen Einflüssen, menschlichen Ansichten. Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter diesen Modellen kapitalistische Strukturen stecken.“ Weiterhin wies sie daraufhin, dass das Schreiben ein kognitiver Prozess sei, bei dem Gedanken in eine Form gebracht werden. Dabei werde der Mensch kreativ. Dem entgegnete Prof. Dr. Kilian Wegner von der Juristischen Fakultät und Direktor am Juristischen Lernzentrum: „Im Alltag sind nur Randbereiche von Austausch und Kommunikation mit Kreativität belegt. Die meisten Gespräche beruhen auf Wiederholungen und Funktionalität. Wir überschätzen unsere Fähigkeiten und ChatGPT führt uns das brutal vor Augen.“ Im Alltag könne ChatGPT deshalb helfen, bei großen beruflichen Aufgabemengen zu entlasten. Weiterhin sieht er einen Anstieg des Standards im Verfassen von Texten.
Die Auseinandersetzung mit der Literatur sah Prof. Dr. Christina Elschner, Viadrina-Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft und Steuerlehre, für unumgänglich. Grundsätzlich sei ChatGPT ein Hilfsmittel, um einen wissenschaftlichen Text aufzubessern. Trotzdem müssten Studierende und Lehrende Fähigkeiten mitbringen: „Es ist wichtig, eine Forschungsidee aufs Papier zu bekommen. Wissenschaftliches Schreiben heißt Denken.“
Charlotte Mende, Kulturwissenschafts-Studentin fragte: „Wie können wir KI-Prozesse sichtbar darstellen? Was bedeutet ChatGPT gesamtgesellschaftlich? Wie entsteht belastbares Wissen?“. Die Wissenschaftsskepsis während der Corona-Zeit habe gezeigt, dass die Unterscheidung von wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Kenntnissen teilweise fehle. Auch außerhalb von ChatGPT müssten Autorinnen und Autoren, insbesondere für das wissenschaftliche Schreiben, in der Lage sein, ihre Quellen und Gedanken zu begründen.
Wichtig sei in der Lehre zudem die Einordnung von KI in den unterschiedlichen Disziplinen, stimmten die Podiumsteilnehmenden überein. Allein die geführte Diskussion zeige die Anwendbarkeit von KI in den verschiedenen Fachrichtungen und damit, in welchen beruflichen Bereichen sie eine Rolle spielen kann.
Text: Katrin Hartmann
Fotos: Heide Fest
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