„Die gemeinsame europäische Zukunft verbindet uns“ – Ukrainischer Botschafter Oleksii Makeiev im Gespräch mit Viadrina-Studierenden
Am Tag seines Antrittsbesuches in Brandenburg am 4. Mai 2023 kam der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, auch erstmals an die Viadrina. Nach einem internen Gespräch im Präsidialbüro antwortete er im Senatssaal auf Fragen von Studierenden und Beschäftigten. Die interessierten sich vor allem für seine Erwartungen: an deutsche Hochschulen, an ukrainische Studierende und an den deutschen Diskurs über die Ukraine.
Kurz und bündig schrieb Oleksii Makeiev, der seit Oktober 2022 ukrainischer Botschafter in Deutschland ist, ins Gästebuch der Viadrina: „Nicht nur die Farben Blau-Gelb, auch die gemeinsame europäische Zukunft verbindet uns.“ Zuvor hatte er im vertraulichen Rahmen mit Viadrina-Präsident Prof. Dr. Eduard Mühle, Vizepräsidentin Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast und Ukraine-Historiker Prof Dr. Andrii Portnov gesprochen. Im anschließenden Treffen mit rund 80 Studierenden und Beschäftigten der Viadrina nahm Makeiev sich viel Zeit für seine Antworten. >>>weiterlesen
So etwa auf die Frage, welche Unterstützung er sich für ukrainische Hochschulen erhoffe. „Die einfache Antwort lautet: Sehr viele Hochschulen brauchen Fenster und Dächer“, sagte der Botschafter und erzählte von einem erschütternden Besuch einer von Raketeneinschlägen zerstörten Universität im südukrainischen Mykolajiw. Doch die Bedeutung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit geht für Makeiev über den Wiederaufbau von Gebäuden hinaus. Das wird deutlich, als er Fragestellungen aufwirft, bei denen Forschungskooperationen Antworten liefern könnten: Wie gelingt Versöhnung nach Kriegsverbrechen? Wie verhindert man weitere von Russland ausgehende Kriege? Und warum stehen viele Menschen in Ostdeutschland Russland näher als der Ukraine? Schließlich bittet er: „Nehmen Sie die Ukrainer mit! Integrieren Sie ukrainische Hochschulen schneller in das europäische System, als wir Diplomaten es schaffen, die Ukraine zum Vollmitglied der EU und der Nato zu machen.“
Er sei dankbar für das Ausmaß an Solidarität und militärische Unterstützung, das sein Land aus Deutschland bekomme, umriss der Diplomat seine Einschätzung des deutschen Ukraine-Diskurses. „Meine Heimatstadt Kyjiw wird von einem deutschen Flugabwehrsystem sehr gut geschützt. Für diese Hilfe, die jeder spürt, danke ich.“ Neben Waffen und Solidarität brauche die Ukraine aber auch Anerkennung ihrer „Coolness“, wie der Botschafter immer wieder betonte. „Vielleicht wird man auch in Europa endlich verstehen, dass die Ukraine eine coole Nation ist. Wir sind die einzigen, die den europäischen Traum und die europäischen Werte mit Waffen verteidigen müssen“, sagte Makeiev. Ukrainerinnen und Ukrainer erledigten derzeit allein, wofür einst die Nato geschaffen worden sei: „Europa vor einer sowjetischen – gleich russischen – Aggression schützen“.
Den europäischen Gedanken betonte Makeiev auch, als ihn eine ukrainische Masterstudentin –stellvertretend für viele ukrainische Studierende und Mitarbeitende im Saal – danach fragte, was sie in der Ferne für ihr Land tun könne. „Ich würde gern jeden von euch zurück in die Ukraine holen. Aber ich gehe davon aus, dass wir Europäer sind und dass wir europäische Geschichte mitschreiben.“ Er bat die Studentin „Ukrainerin im Herzen“ zu bleiben und gleichzeitig an ihren persönlichen Erfolgen zu arbeiten. Ganz konkret helfen könnten ukrainische Studierende der Viadrina mit einem Praktikum in seiner Botschaft oder als Freiwillige im Konsulat, so sein Vorschlag.
Schließlich bat er das Publikum: „Bleiben sie bitte engagiert!“. Die Ukraine sei für viele in Deutschland ein unerforschtes Geheimnis; die Viadrina bilde da eine Ausnahme.
Fotos: Heide Fest
Text: Frauke Adesiyan