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„Europa ist eine permanente Baustelle; die kann man nicht lieben. Das ist eine dauernde Herausforderung.“ Mit diesem einprägsamen Bild beschrieb Prof. Ulrich Brückner von der Berliner Filiale der Stanford University in einer Eingangsrede seinen Blick auf die Europäische Union. Die Studierenden, die anlässlich des Europatages zu dem Gespräch im Logensaal eingeladen hatten, ermunterte er: „Diese ergebnisoffene Ordnung bietet euch die Möglichkeit, etwas Besseres daraus zu machen.“ Europa sei nichts, das man habe, sondern etwas, das man gewinne. >>>weiterlesen
In dem anschließenden, von Viadrina-Absolventin Linda Pickny moderierten Gespräch, debattierte Ulrich Brückner mit Prof. Dr. Ulrike Klinger, Professorin für Digitale Demokratie, und Prof. Dr. Jürgen Neyer, Professor für Europäische und Internationale Politik. Einen Schwerpunkt bildete die Auseinandersetzung um aktuelle, technische Entwicklungen und deren Bedeutung für die Demokratie in Europa. Ulrike Klinger schlug dabei optimistische Töne an. „Ja, Technologien verändern Gesellschaften; sie wirken disruptiv. Aber die Art und Weise, wie sie Gesellschaft prägen, ist davon abhängig, was wir mit ihnen machen“, betonte sie. So schaffe sich die Europäische Union mit dem Digital Services Act gerade Instrumente, um beispielsweise große Plattformen besser erforschen, verstehen und regulieren zu können. Ulrike Klinger warnte vielmehr vor „falschen“ Schreckensszenarien in Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI): „Wir haben die falschen Albträume. Solange wir über Roboterarmeen reden, reden wir nicht darüber, dass KI zu mehr Zentralisierung führt, zu Dominanz von großen Unternehmen. Wir reden nicht über Umweltschäden, Ausbeutung von Arbeitern und verstärkter Diskriminierung.“ All das seien Problemfelder, die man wahrnehmen müsse, um ihnen entgegenzuwirken. „Europa kann bei der Regulierung vorangehen. Wir können ganz viel mitgestalten, eben weil wir in einer Demokratie leben.“
Jürgen Neyer betonte die schwierigen sozialen Auswirkungen neuer Technologien auf die Gesellschaft und blickte angesichts dessen eher sorgenvoll auf die Europäische Union. Er sei „ein bisschen frustriert und enttäuscht“ von Europa, das für ihn einst für die Neuerfindung der Demokratie stand. Ihm fehle ein europäischer Souverän, der angesichts von gesellschaftlichen Umbrüchen für soziale Abfederung sorgen könnte. „Die Europäische Union ist ein verhandlungsbasiertes System. Es macht das, was für alle gut ist. In Umbruchszeiten geht es aber ums Umverteilen. Man muss Gewinnern etwas nehmen und Verlierern etwas geben, um Verlierer innerhalb des demokratischen Systems zu halten“, beschrieb Neyer seine Sicht auf europäische Schwächen.
Ulrich Brückner sprach mit Blick auf politische Diskurse, die immer mehr in digitalen Räumen geprägt werden, von der Bedeutung eines neuen europäischen Narratives – einer „gemeinsamen Erzählung als Klebstoff der Gesellschaft“. Er beobachte problematische Umwidmungen und Neubewertungen; so könne Schengen als große Möglichkeit der Reisefreiheit gedeutet werden, aber auch als Begünstigung für Drogenhandel, Schlepperbanden und Prostitution. Die Dimensionen dieser Umdeutungen und Erzählungen gehe auch durch die Mechanismen von Social-Media-Plattformen „weit über unsere Kontrollfähigkeit hinaus“.
Einig wurde man sich auf dem Podium über die große Bedeutung von Wissen für die Zukunft Europas. Jürgen Neyer forderte „Bildung, Bildung, Bildung“ und sah für die Viadrina eine große Chance im Aufbau eines Bachelorprogramms an der European New School of Digital Studies (ENS). Er warnte vor der Gefahr einer „epistemische Fragmentierung“: „Wir müssen aufpassen, dass unsere Demokratie nicht zerbricht in verschiedene Sphären der Wahrnehmung, die untereinander nicht mehr kommunikationsfähig sind.“
Viadrina-Präsident Prof. Dr. Eduard Mühle hatte in seinen Begrüßungsworten ausgeführt, dass Europa von Interessensgegensätzen, Spannungen und Missverständnissen geprägt sei. „Die bestehenden Differenzen und nationalen Egoismen sind tief verwurzelt und werden nicht verschwinden“, sagte er. Eine europäische Zukunft könne es nur auf der Grundlage von Akzeptanz und Toleranz geben. „Wir müssen dafür die Geschichte und Diversität Europas studieren und vermitteln. Genau das tun wir an der Europa-Universität“, so Eduard Mühle. Die Veranstaltung des AStA sei dafür der beste Beleg.
Text und Fotos: Frauke Adesiyan
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