Seiner Zeit voraus – Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION feiert zehnjähriges Bestehen

Mit einer bemerkenswert ehrlichen Reflexion über seine Entstehung und die bisherige Arbeit beging das Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION am 14. Juni 2023 sein zehnjähriges Bestehen. In der universitätsinternen Veranstaltung zog die aktuelle Leitung Bilanz und diskutierte im Anschluss mit Gründungsmitgliedern und ehemaligen Leiterinnen über das Auf und Ab des Centers, seine Rolle innerhalb der Viadrina und Entwicklungschancen für die gesamte Universität.

„Wie ein Klassentreffen“ ist vor Beginn der Veranstaltung zu hören – etwa 70 Gäste sind zum Jubiläum gekommen, darunter etliche ehemalige Forschende, Mitglieder und Assoziierte des Centers, „mit denen wir teilweise noch eng verbunden sind“, wie Leiterin Prof. Dr. Kira Kosnick mit Freude bemerkt.

Nachdem Dr. Andrea Meissner, langjährige wissenschaftliche Geschäftsführerin des Centers, eine Bilanz der vergangenen zehn Jahre präsentierte, setzt die Diskussion bereits einige Zeit davor an:
Eigentlich gehe die Geschichte des Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION weiter als zehn Jahre zurück, merkt Kosnick an. Das spiegelt sich auch auf dem Podium wider. Zum Einstieg in die Diskussion erzählt Viadrina-Emeritus Prof. Dr. Werner Schiffauer von seiner „besten Zeit an der Viadrina“: 2011 hatte sich die Viadrina im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes auf ein Exzellenzcluster beworben. Schiffauer leitete diesen Prozess. „Ein bewundernswerter, kühner, geradezu verwegener Gedanke, die Viadrina in die Liga der Exzellenzunis aufsteigen zu lassen“, wie Viadrina-Präsident Prof. Dr. Eduard Mühle in seinen Grußworten attestiert. Umso bemerkenswerter, dass der Viadrina-Antrag in der ersten Runde Erfolg hatte. „Aber so groß die Euphorie war, so groß war die Enttäuschung bei der Ergebnisverkündung nach der zweiten Runde, als wir bei Herrn Pleuger (damaliger Viadrina-Präsident, Anm. d. Red.) im Büro am Bildschirm standen“, erinnert sich Prof. Dr. Kerstin Schoor, die das Center B/ORDERS IN MOTION in seinen Anfangsjahren leitete. Schiffauer merkt an, man habe sich in dieser zweiten Runde, in der es vor allem um eine politische Entscheidung gegangen sei, vom Land Brandenburg im Stich gelassen gefühlt, welches das Projekt als zu groß empfunden habe. Als „Trostpflaster“ gab es vom Land die Anschubfinanzierung für das Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION, welches sich inhaltlich an dem Exzellenzantrag orientierte, wenngleich natürlich mit wesentlich weniger Ressourcen.

„Ich gehe an diesen für uns schmerzlichen Punkt zurück: Obwohl das Center so erfolgreich ist, ist es ständig mit dieser Erzählung, dass ‚daraus nichts geworden sei‘ belastet“, analysiert Schoor. Es hätte in der Anfangsphase eine „große Depression“ an der gesamten Universität gegeben, so Schoor. „Ich beglückwünsche Sie für das Herausarbeiten aus dieser Depression – das hätte ich am Ende meiner Leitungszeit fast nicht mehr für möglich gehalten“, so Schoor weiter.

Auf Schoor folgte Prof. Dr. Claudia Weber als Leiterin des Centers. Sie war gerade erst neu an die Viadrina gekommen. „Ich kannte diese ganze Vorgeschichte nicht und das war vielleicht auch gut so – ich konnte etwas Neues anfangen, unbelastet von alten Geschichten”, so Weber. Aus dem vermeintlichen „Schwarzen-Schaf-Dasein“ habe man etwas gemacht: „Ein Forschungsinstitut, das ein bisschen vor der Zeit agiert“, wie Weber sagt. Denn man habe das Thema Grenzen und Migration platziert in Zeiten offener Grenzen, jetzt sei die Situation eine ganz andere – und: „Wir forschen dazu schon seit vielen Jahren.“ Das Center habe demnach heute in der Außenwahrnehmung auch eine viel stärkere Reputation als in der Innenwahrnehmung, so Weber weiter. Sie wünsche dem Center, dass diese Chance jetzt erkannt werde und man an der Viadrina einen Themenbereich stärken möge, „indem wir eine Avantgarde sind“.

Auch Prof. Dr. Konstanze Jungbluth, die das Center ab 2019 leitete, spricht von der Anerkennung für das Center von außerhalb, insbesondere dafür, in welcher Intensität hier interdisziplinär gearbeitet werde, was nichts Selbstverständliches sei.

Das Center habe die Grenz- und Migrationsforschung an der Viadrina deutlich gestärkt und dadurch auch die gesamte Universität – auch international – sichtbarer gemacht, resümiert PD Dr. Carolin Leutloff-Grandits, wissenschaftliche Koordinatorin und Senior Researcher bei B/ORDERS IN MOTION. „Es macht großen Spaß an diesem Center zu arbeiten, weil es wirklich sehr dynamisch ist“, so Leutloff-Grandits.

Prof. Dr. Timm Beichelt, Dekan der Kulturwissenschaftlichen Fakultät, würdigt in seinen Grußworten die beachtliche Leistung des Centers trotz schwieriger Finanzierung. „Das Center hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich etabliert“, so Beichelt weiter.

Bei aller Anerkennung wirkt das Schlusswort der aktuellen Leiterin Kira Kosnick wie ein Dämpfer: Vor dem Hintergrund der personellen Situation am Center, die in letzter Zeit nochmal schwieriger geworden sei, sehe sie die Zukunft mit einiger Besorgnis.

Text: UP / Fotos: Heide Fest

10 Jahre Viadina Center B/ORDERS IN MOTION in Zahlen:
  • 6 Sommerschulen
  • 15 Working Papers
  • 19 Monographien
  • 49 Sammelbände
  • 56 Tagungen und Konferenzen
  • 170 Research Factories
  • 7.331.000 € Drittmitteleinwerbungen

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