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Was bringt einen mehrfach preisgekrönten Wildwasser-Kanuten und Olympioniken dazu, in einer Kleinstadt, die nicht mal seine Heimatstadt ist, einen verwilderten jüdischen Friedhof aufzuräumen und zu einem Erinnerungsort zu machen? Wie motiviert man andere Freiwillige, bei diesem auf unterschiedlichen Ebenen schwierigen Vorhaben mitzumachen? Und wie kann es gelingen, die Erinnerung an einstige jüdische Nachbarinnen und Nachbarn zu bewahren, die im Holocaust umgekommen sind?
Der mehrfach preisgekrönte Film von Regisseur Wojciech Szumowski aus dem Jahr 2021 zeigt die Bemühungen um eine würdige Erinnerung an die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner eines kleinen Ortes. Der Film begleitet eine Gruppe Freiwilliger um den polnischen Wildwasser-Kanuten Dariusz Popiela, die einen alten, vergessenen jüdischen Friedhof in Czarny Dunajec im Südosten Polens zu einem Ort des Gedenkens machen wollen. Auf dem Friedhof befanden sich ursprünglich teilweise kunstvolle Grabsteine von vor dem Zweiten Weltkrieg Krieg verstorbenen Jüdinnen und Juden sowie unbeschriftete Massengräber der jüdischen Opfer des Holocausts. Popiela beschäftigte sich mit dem Friedhof, um in der kleinen Stadt eine Auseinandersetzung mit der polnisch-jüdischen Geschichte zu provozieren. Während der Arbeiten traf er Menschen, die die Grabsteine, die einst vom Friedhof entnommen und als Baumaterial genutzt wurden, zurück an ihren rechten Platz geben wollten. Die Projektgruppe hat herausgefunden, dass der Friedhof nicht im Krieg von den Deutschen, sondern danach zerstört wurde und verwahrloste. Die Protagonisten sprachen auch mit Zeitzeuginnen, die als kleine Mädchen die Erschießungen von ihren jüdischen Nachbarn beobachten mussten.
„Diese Steine sind Gedächtnisträger“, sagt Dariusz Popiela im Film. Alles, was er in diesem Projekt tue, geschehe für die Opfer; allein das sei für ihn befreiend und gebe ihm Kraft zum Handeln. Holocaust, das seien bisher für ihn nur Zahlen gewesen; durch diese Arbeit konzentriert er sich nun auf die individuellen Schicksale.
Auf dem nun aufgeräumten, eingezäunten und beleuchteten Friedhof hat die Gruppe eine Gedenktafel mit 494 Namen der Jüdinnen und Juden aufgestellt, die während des Krieges ermordet wurden. Das im Film gezeigte Projekt in Czarny Dunajec ist nur eins von mehreren. Bereits 2018 gründete Dariusz Popiela die Stiftung der Familie Popiela „Centrum“, die inzwischen fünf jüdische Friedhöfe in Polen vor dem Verschwinden und Vergessen gerettet hat.
Die Initiatorin des Abends, Dr. Magdalena Abraham-Diefenbach vom Institut für angewandte Geschichte, sprach anschließend mit den Wissenschaftlerinnen Dr. Lidia Zessin-Jurek und Dr. Anke Geißler-Grünberg über die Rolle der Friedhöfe in der Erinnerungskultur. Deren Pflege und Erhalt waren in der DDR und im kommunistischen Polen ähnlich prekär: Keine staatlichen Stellen haben sich um diese Orte gekümmert, sie verwahrlosten, verwilderten und wurden teilweise zerstört.
Erst nach der Wende begann man in Deutschland die Friedhöfe zu zählen und sie systematisch zu erfassen. „In Brandenburg gibt es 80 jüdische Friedhöfe. Erst 2005 wurde eine Vereinbarung zu deren Pflege und Erhalt vom Land Brandenburg unterzeichnet“, sagte Dr. Anke Geißler-Grünberg. Trotzdem seien das auch hier nur einzelne Initiativen, die sich mit der Renovierung beschäftigen. „Es fehlt an Geld und politischen Entscheidungen“, so Geißler-Grünberg.
Der Abend war Teil des Frankfurter Gedenkens an die Reichspogromnacht am 9. November 1933. Die Veranstaltung wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung.
Text & Fotos: Agnieszka Lindner
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