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Wisława Szymborska ist nicht viel gereist, dennoch ist ihr Werk in die entferntesten Winkel der Welt vorgedrungen, wovon internationale Publikationen und Preise zeugen, allen voran der Literaturnobelpreis. Dass ihre Texte nach wie vor weltweit auf lebhaftes Interesse bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Studierenden, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie bei Leserinnen und Lesern stoßen, zeigte die dreitägige Konferenz „,Manche mögen Poesie …‘ – die internationale Rezeption des Werkes von Wisława Szymborska“ in Frankfurt (Oder) und Słubice. Im Zentrum der Tagung standen das poetische Werk der Nobelpreisträgerin, das Aktuelle ihrer Weltwahrnehmung, ihre unverwechselbaren Perspektiven sowie die ganz eigenen sprachlichen Mittel, die sie in ihrer Dichtung zur Beschreibung der von ihr scharfsinnig beobachteten Wirklichkeit verwendet.
Eröffnet hat die Konferenz der Autor und Geschäftsführer der Wisława-Szymborska-Stiftung, Prof. Dr. Michał Rusinek, der als persönlicher Assistent die Dichterin sehr gut kannte. Sein Vortrag über die Reisen der Nobelpreisträgerin – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne – war in der Tat ein witziges Stand-up mit zahlreichen Anekdoten aus dem Leben der Dichterin. Im Rahmen der anschließenden Feier zum zehnjährigen Bestehen der Karl Dedecius Stiftung folgte eine Podiumsdiskussion über „Möglichkeiten der Förderung der Literatur und ihrer Übersetzung“. In einem lebendigen Gespräch verglichen Michał Rusinek, Jürgen Jakob Becker (Literarisches Colloquium Berlin) und Dr. Ilona Czechowska (Karl Dedecius Stiftung) die deutschen und die polnischen Realitäten bei der Finanzierung schriftstellerischer und übersetzerischer Arbeit. Sie tauschten sich dabei auch über die Rolle und Bedeutung von staatlicher und privater Förderung aus. Moderiert wurde das Gespräch von Bernhard Hartmann, Übersetzer und Träger des Karl-Dedecius-Preises von 2013. Dr. Ilona Czechowska, Geschäftsführerin der Karl Dedecius Stiftung, äußerte sich anlässlich des Jubiläums optimistisch: „Wir haben ein stabiles Programm mit regelmäßigen Angeboten, das auf stetes Interesse stößt. Außerdem verfügen wir über ein Netzwerk mit über 100 Projektpartnern in Deutschland und in Polen, auf die wir uns verlassen können.“
Zu diesem Programm der Stiftung gehört auch ein Übersetzungswettbewerb, der anlässlich des Geburtstages ausgelobt wurde. Laien-Übersetzerinnen und -Übersetzer waren aufgerufen, das Gedicht „Śmiech“ von Wisława Szymborska vom Polnischen ins Deutsche zu übertragen. Als Siegerin wurde Angela Rogner geehrt. Die Österreicherin arbeitet seit 2004 als Dolmetscherin am Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg und dolmetscht dort aus sechs Sprachen ins Deutsche. Neben Englisch, Spanisch, Französisch, Tschechisch und Slowakisch hat sie erst in diesem Jahr das Polnische als Arbeitssprache hinzugefügt. Der offizielle Teil des ersten Konferenzabends endete mit einem deutsch-polnischen Lyrik-Duett. Dr. Ksymena Filipowicz-Tokarska (Literaturwissenschaftlerin an der Adam-Mickiewicz-Universität im Collegium Polonicum) und Manfred Mack (Literaturwissenschaftler) lasen die Gedichte von Szymborska in einer emotionalen und mitreißenden Interpretation. Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgte das Ensemble Bizarre Berlin.
Ein Beitrag der Konferenz, der noch länger zu erleben ist, ist die Fotoausstellung „Freude am Schreiben / Freude am Fotografieren“, die am zweiten Tag der Konferenz in Anwesenheit der Fotografin, Regisseurin, Autorin und Übersetzerin Joanna Helander eröffnet wurde. Die Künstlerin erzählte zunächst über ihre fotografische Arbeit und ihre Begegnungen mit Szymborska und führte anschließend die Gäste durch die Ausstellung vor der Uni-Bibliothek im Hauptgebäude der Viadrina. Interessierte können die Schau noch bis Mitte Dezember besuchen.
Die Tagung wurde organisiert von der Karl Dedecius Stiftung in Kooperation mit dem Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies (VCPU) sowie dem Lehrstuhl für Translatorik und Glottodidaktik am Institut für Germanistik der Universität Wrocław. Die Schirmherrschaft übernahm die Wisława-Szymborska-Stiftung. Die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung und die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit förderten die Tagung finanziell.
Text: Agnieszka Lindner
Fotos: Witold Cholewa (2-15) & Adam Czerneńko (1)
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