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Rechtsradikale Parteien in Mittel- und Osteuropa haben – ob in Opposition oder als Koalitionspartner – Einfluss auf Regierungspolitik, Gesetzgebung und die Qualität von Demokratie. Darin sind sich Viadrina-Politikwissenschaftlerin Zsuzsanna Végh und ihr Mitautor Prof. Dr. Michael Minkenberg, Inhaber der Professur für Vergleichende Politikwissenschaft an der Viadrina, sowie Dr. Oliver Kossack, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur, einig.
Végh, Minkenberg und Kossack haben für ihre soeben erschienenen Studien immenses empirisches Material ausgewertet. Damit füllen die Autorin und Autoren eine Leerstelle der Forschung: „Wir wissen viel über Ideologie, Wählerpotenziale und in Ansätzen auch über Organisation rechtsradikaler Parteien. Welchen Einfluss sie aber tatsächlich haben, ist bisher unterbelichtet“, so Minkenberg.
Dr. Oliver Kossack, Zsuzsanna Végh und Prof. Dr. Michael Minkenberg
Gemeinsam mit seiner Co-Autorin Végh nimmt er in der Studie „Depleting Democracies“ („Auszehrung von Demokratien“) sieben Länder in Mittel- und Osteuropa in den Jahren 2000 bis 2016 in den Blick: Die Slowakei und Bulgarien mit starken rechtsradikalen Parteien, die mit Mainstream-Parteien kooperieren, Polen, Ungarn und Rumänien als Länder mit starken rechtsradikalen Parteien, die aber nicht mit Mainstream-Parteien zusammenarbeiten, und Tschechien und Estland, als Fälle, wo rechtsradikale Parteien schwache Wahlergebnisse auf sich vereinen und durch einen „Cordon Sanitaire“ („Brandmauer“) ausgeschlossen werden. Ihr Befund über die Länder hinweg: Rechtsradikale Parteien beeinflussen den Parteienwettbewerb und die Ideologie von Mainstream-Parteien, und – wenn es Zusammenarbeit mit ihnen gibt – auch die Gesetzgebung. „Rechtsradikale Parteien haben dadurch auch einen Einfluss auf die Qualität von Demokratie, die – etwa, wenn Rechtsstaatlichkeit durch Justizreformen wie in Polen, oder restriktive, exkludierende Minderheitengesetzgebung eingeschränkt wird – ausgezehrt wird“, erläutert Végh.
Kossack fragt in seiner Studie „Pariahs or Partners“ („Außenseiter oder Partner“), welche Faktoren die Regierungsbeteiligung rechtsradikaler Parteien in Mittel- und Osteuropa in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Umbruch bedingen. 15 Parteien in acht Ländern nimmt er dafür in den Blick; insgesamt sind es 48 Fälle, in denen es rechtsradikale Parteien den Einzug in die Parlamente schafften und Koalitionen möglich waren.
Der Befund seiner umfangreichen Analyse: „Entscheidend dafür, ob es die Parteien an die Regierung schaffen oder nicht, ist in den ersten Jahren der Transformation die ideologische Nähe zum Formateur.“ Diese Nähe müsse in soziokulturellen und in sozioökonomischen Fragen bestehen. In der Konsolidierungsphase sei das Bild differenzierter: „Ähnliche soziokulturelle Positionen zum Formateur sind weiterhin wichtig, gute Wahlergebnisse werden zunehmend wichtiger“, so Kossack. Entscheidend, um rechtsradikale Parteien in der Opposition zu halten, sei ein konsequenter „Cordon Sanitaire“.
Nun gebe es, so ein Beitrag im anschließenden Publikumsgespräch, nicht nur in Ost-, sondern auch in Westeuropa Regierungsbeteiligung von rechtsradikalen Parteien, und mit Entwicklungen wie dem EU-Asylkompromiss und dem jüngst mit Tunesien geschlossenen Abkommen eine deutliche Veränderung von europäischer Politik. Sei diese schon Auszehrung der Demokratie oder noch Veränderung der Demokratie angesichts großer, neuer Themen wie Migration, Krieg und Inflation? – Végh antwortet eindeutig: „Wenn wir unter Auszehrung von Demokratie auch die Exklusion von Mitgliedern der Gesellschaft verstehen, dann handelt es sich bei der aktuellen europäischen Asyl- und Migrationspolitik um eine Auszehrung der Demokratie. Mainstream-Parteien in zahlreichen Mitgliedsstaaten der EU haben sich bereits nach rechts bewegt und vertreten eine restriktive Migrations- und Asylpolitik. Sie bringen so über die Debatten und Diskurse in den einzelnen Mitgliedsstaaten die Auszehrung der Demokratie auch auf die Ebene der Europäischen Union.“
Text & Foto: Michaela Grün
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