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Historisch und geografisch ist die Demokratie eher eine Ausnahme. Vergleichsweise wenige Menschen haben das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu leben – und nicht in einer Form der Diktatur. Demokratie ist verletzlich – sie ist oft anstrengend und überlebt nur, wenn die Bürger:innen das auch wollen, sich beteiligen und wenn die politischen Eliten sich an die demokratischen Spielregeln halten. Besorgniserregend ist, dass diese Mechanismen auch in den etabliertesten, ältesten Demokratien erodieren. Zugleich erhalten antidemokratische Kräfte, vor allem die radikale Rechte, derzeit viel Zulauf und Zuspruch.
Wir leben in digitalen Gesellschaften, eine Unterscheidung zwischen „online“ und „offline“ ist nicht mehr sinnvoll. Aber die Digitalisierung verläuft nicht in allen Bereichen synchron und linear. Gerade in Deutschland hängen zum Beispiel Behörden und Schulen massiv hinterher; da werden noch Faxe verschickt. Gleichzeitig zieht Künstliche Intelligenz in die Parteienkommunikation ein – manche Politiker:innen posten künstlich erzeugte Bilder in den sozialen Medien. Das ist eine Herausforderung für unsere Vorstellung von Realität.
Technologien sind weder gut noch böse, aber sie sind eben auch nicht neutral. Algorithmen tun genau das, wofür sie programmiert wurden. Wenn auf Twitter (oder X) jetzt Hass und Propaganda massiv zunehmen (und dazu gibt es Studien), liegt das an Entscheidungen, die Elon Musk als Eigentümer getroffen hat. Facebook zeigt in Kanada keine Nachrichten mehr, weil Mark Zuckerberg mit dieser „Erpressung“ wie vorher schon in Australien ein Gesetz zur Plattformregulierung verhindern will. In Deutschland und anderen Ländern ist nicht mehr das Fernsehen, sondern das Internet die Hauptnachrichtenquelle der meisten Bürger:innen – daher ist es nicht egal, was dort wem gezeigt wird.
Man kann Studierende nicht zwingen, sich besser zu informieren. Da hilft keine Regulierung, das ist einfach eine soziale Norm, die erodiert. Studien zeigen ganz klar: Soziale Medien können Qualitätsjournalismus nicht ersetzen. Wer sich vor allem im Internet informiert, sieht dort fast gar keine Nachrichten. Mittelfristig nehmen dadurch politisches Wissen und politisches Interesse ab – das lässt sich klar und deutlich messen. Mein Eindruck ist, dass das eigene Level an Informiertheit massiv überschätzt wird.
Interview: Heike Stralau
Foto: Ulrike Klinger
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