Wenn Tiere und Maschinen sprechen – Linguistin Dr. Miriam Lind bringt Emmy Noether-Gruppe an die Viadrina

Seit Anfang September 2023 arbeitet die Linguistin Dr. Miriam Lind an der Viadrina. Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) baut sie hier eine Emmy Noether-Gruppe auf, die sich mit kommunikativen Praktiken zwischen Menschen, Tieren und Maschinen beschäftigt. Sie wird untersuchen, wie Menschen mit ihren Katzen oder Hunden sprechen und was hinter Maschinen steckt, mit deren Hilfe Tiere kommunizieren können.

Bunny ist ein Influencer. Auf Instagram gilt der schwarz-weiß gelockte Hund als „Person des öffentlichen Lebens“; Millionen Follower schauen seinem Frauchen Alexis Devine dabei zu, wie sie dem Hund mit sogenannten talking buttons das Sprechen beibringt. Eine der Followerinnen ist Dr. Miriam Lind. „Das finde ich sehr spannend – weniger die Frage, ob Bunny wirklich die menschliche Sprache lernen kann, als das, was da interaktiv passiert. Was schreiben Menschen da eigentlich dem Tier zu, welche Vorstellungen von Sprache stecken dahinter?“, lauten ihre Fragen.

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Die Linguistin, die an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz germanistische Linguistik studiert und über den Namenwechsel transgeschlechtlicher Menschen promoviert hat, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit sprachlichen Praktiken, die über das Menschliche hinausgehen. Mit ihrem Forschungsprojekt „Posthumanistische Linguistik. Kommunikative Praktiken zwischen Menschen, Tieren und Maschinen“ hat sie erfolgreich bei der DFG ein Projekt im Emmy Noether-Programm eingeworben. Für sechs Jahre und mit rund 1.300.000 Euro ausgestattet, kommt sie nun an die Viadrina und wird hier ihre Forschungsgruppe aufbauen – alles andere als eine zufällige Wahl. „Ich habe mich ganz klar mit der Viadrina als Projektstandort beworben. Die Auffassung von Linguistik als Kulturwissenschaft hier entspricht meinem Verständnis“, erläutert sie. Sprachwissenschaft funktioniere für sie nicht als abstraktes System ohne Bezug zur Sprechrealität von Menschen.

Im aktuellen Projekt interessieren sie besonders sprachliche Interaktionen an der Grenze zum Nichtmenschlichen. Diente die Fähigkeit zum Sprechen lange als klares Distinktionsmerkmal zwischen Mensch und Tier, werden die Grenzen mit neuen technischen und sozialen Entwicklungen immer weniger klar. „Ich frage in meinem Projekt: Was macht es mit unserer Konzeption von Sprache und vom Menschlichen, wenn das Merkmal der Sprache nicht mehr spezifisch menschlich ist?“, so Miriam Lind. So gebe es einerseits immer mehr Maschinen, die sprechen können; andererseits wird zunehmend mit Haustieren gesprochen und Maschinen helfen dabei, die Sprache der Tiere verständlich zu machen. Konkret wird Miriam Lind anhand von Videoaufzeichnungen die direkte Kommunikation zwischen Menschen und ihren Haustieren und mit Sprachassistenzsystemen auswerten. Darüber hinaus plant sie, technisch vermittelte Kommunikation zwischen Tier und Mensch zu untersuchen. Die reicht von Instagram-Accounts, auf denen Tierbesitzerinnen und -besitzer im Namen ihrer Tiere kommunizieren, über Videotelefonie für Tiere, bis zu den „talking buttons“ von Hund Bunny.

Die Besonderheit des Projektes ist das Zusammendenken von Tieren und Maschinen in dem ursprünglich rein menschlich bestimmten Feld des Sprechens. „In beiden Bereichen – mit Tieren und mit Maschinen – agieren wir heute sprachlich anders als früher. Ich halte es für sehr gewinnbringend, hier nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu schauen“, beschreibt Miriam Lind den Mehrwert ihres Ansatzes. Dass bei ihrem Forschungsfeld beinahe jede und jeder mitreden möchte, betrachtet Miriam Lind mit gemischten Gefühlen. Es sei ihr Anspruch, „spaßige Allgemeinplätze“ zu vermeiden und den wissenschaftlich-analytischen Blick nicht auf Kosten von Alltagsbeobachtungen zu verlieren. Andererseits gewinne sie der Anschlussfähigkeit ihres Themas aber auch Positives ab: „Es ist total schön zu merken: Ich mache etwas, das Relevanz für viele hat.“

Text: Frauke Adesiyan
Foto: Heide Fest

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