Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) ruft zu Solidarität mit Osteuropa-Forschenden und Deutscher Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) auf
Als eine von derzeit neun deutschen Universitäten mit Osteuropa-Schwerpunkt appelliert die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) an Forschende und Institutionen, sich mit der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) zu solidarisieren und verurteilt den Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit durch die russische Föderation, die die DGO als „extremistische Organisation“ eingestuft hat.
Mit einem gemeinsamen Statement richten sich die Universitäten Bielefeld, Bochum, Bremen, Dresden, Frankfurt (Oder), Gießen, Jena, Potsdam und Tübingen an Politik und Gesellschaft, den Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Gefährdung der persönlichen Freiheit von Osteuropa-Forschenden zu verurteilen und sich der Kriminalisierung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) durch Russland entgegenzustellen.
Darin heißt es: „Wir appellieren an die deutsche Politik, die Listung der DGO als ,extremistische Organisation‘ als einen unmittelbaren Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland und international anzuerkennen und entsprechend zu handeln. Der Staat ist aufgerufen, seine Schutzfunktion gegenüber der Wissenschaft wahrzunehmen. (…) Nur mit einem entschiedenen Auftreten lassen sich derartige Angriffe auf die Wissenschaft entschärfen.“
Nachdem der Oberste Gerichtshof in Russland die DGO im Sommer 2024 als „extremistische Organisation“ eingestuft hat, drohen Forschenden und anderen Personen, die mit der DGO zusammenarbeiten, Haftstrafen von bis zu zwölf Jahren.
Dazu der Präsident der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Prof. Dr. Eduard Mühle: „Weltweit ist es um den freien akademischen Diskurs nicht zum Besten bestellt. Selbst in einem Land wie Deutschland, in dem die Freiheit von Forschung und Lehre in der Verfassung verankert ist, sieht sie sich Gefährdungen von Innen und Außen ausgesetzt. Auch auf der soeben zu Ende gegangenen Jahreskonferenz der International Association of Universities in Tokio haben wir die russische Kriminalisierung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde thematisiert. Indem der russische Staat deren Mitglieder und Partner mit langjährigen Haftstrafen bedroht, greift er massiv in die Wissenschaftsfreiheit auch der Viadrina ein, für die Kommunikation und Kooperation mit dem östlichen Europa ein zentrales Element ihres akademischen Auftrages ist.“
Das Statement der neun Universitäten im Wortlaut:
Internationale Wissenschaftsfreiheit verteidigen: Russland kriminalisiert die Osteuropaforschung
Als Netzwerk von Hochschulen mit einem wissenschaftlichen Schwerpunkt auf dem östlichen Europa sind wir sehr besorgt darüber, dass die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) am 26. Juli dieses Jahres vom Justizministerium der Russischen Föderation als „extremistische Organisation“ gelistet wurde.
Die DGO ist der größte interdisziplinäre Verband von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im deutschsprachigen Raum, die sich mit Osteuropa beschäftigen. Die Listung hat tiefgreifende Folgen für die Arbeit der DGO. Sie ist aber auch ein direkter Angriff auf die Wissenschaft und betrifft damit auch unsere Hochschulen unmittelbar.
Personen, die mit der DGO zusammenarbeiten, drohen in Russland Haftstrafen bis zu zwölf Jahren. Damit ist die persönliche Freiheit von Forschenden akut gefährdet und die Forschung zu Russland-bezogenen Themen weiter eingeschränkt.
Insbesondere für junge Osteuropa-Forschende hat dies schwerwiegende Konsequenzen für die wissenschaftliche Karriere. Die Listung zielt darauf ab, die unabhängige Forschung zu Russland weitgehend zu verhindern und betrifft aufgrund internationaler Vernetzungen die gesamte Osteuropaforschung. Die Listung der DGO ist somit ein Versuch, die internationale Wissenschaftsfreiheit einzuschränken.
Wir verurteilen diesen Angriff auf die internationale Wissenschaftsfreiheit und appellieren an alle Forschenden, Wissenschaftsverbände und akademischen Institutionen, sich mit der DGO solidarisch zu erklären. Wir stehen hinter den Mitgliedern der DGO und unterstützen sie dabei, die unabhängige wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen, und so die Wissenschaftsfreiheit zu verteidigen.
Wir appellieren an die deutsche Politik, die Listung der DGO als „extremistische Organisation“ als einen unmittelbaren Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland und international anzuerkennen und entsprechend zu handeln. Der Staat ist aufgerufen, seine Schutzfunktion gegenüber der Wissenschaft wahrzunehmen. Erforderlich ist dafür ein Dialog mit Drittstaaten im russischen Einflussbereich, um Forschungsreisende zu schützen. Bestehende und neue Forschungskooperationen mit Staaten, die enge Beziehungen zu Russland pflegen, werden somit erheblich belastet. Nur mit einem entschiedenen Auftreten lassen sich derartige Angriffe auf die Wissenschaft entschärfen.
Die unterzeichnenden Universitäten (Stand: 3.12.2024)
· Friedrich-Schiller-Universität Jena
· Universität Bielefeld
· Ruhr-Universität Bochum
· Universität Bremen
· Technische Universität Dresden
· Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
· Justus-Liebig-Universität Gießen
· Universität Potsdam
· Universität Tübingen
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