„Es ist wichtig, dass alle Gehör finden können.“ – Austauschformat über Israel und Palästina
Wie gelingt ein Dialog über den Nahost-Krieg? Wie schafft man sichere Gesprächsräume ohne bestimmte Perspektiven auszublenden? Und wie kann die Universität ein Ort des Austausches bleiben? Am 29. Mai wurde mit der Veranstaltung „Israel & Palestine – Listen. Reflect. Respond.“ ein Raum eröffnet, damit Angehörige der Viadrina in den Dialog treten und unterschiedliche Perspektiven gehört werden können.
Das Format des Abends – „the shared humanity experience“ – existierte bereits vor der Veranstaltung. Die Grundidee war, einen Ort insbesondere für Studierende mit Diskriminierungserfahrungen zu schaffen, in dem Austausch ermöglicht wird. „Mit dem Format an sich arbeiten wir ungefähr seit zweieinhalb Jahren. Wir haben es je nach Thema und Zielsetzung abgewandelt“, erklärt Bettina Gebhardt von der Abteilung Chancengleichheit. Die Abteilung hatte das Treffen gemeinsam mit dem Institut für Konfliktmanagement, der Studierendengruppe von Amnesty International und dem Zentrum für Lehre und Lernen vorbereitet und durchgeführt.
Die Veranstaltung selbst ist in mehrere Phasen unterteilt. Am 29. Mai begann das Event für alle Teilnehmenden mit einer Selbstreflexion. Anschließend fanden immer zwei Menschen zusammen, die in zehn Minuten drei Fragen diskutieren sollten, bevor sie einen neuen Diskussionspartner fanden, mit dem sie das wiederholten. Das Ziel: einen „middle ground“ finden, also eine Aussage, auf die sich beide einigen können. Es folgten eine Gruppendiskussion und eine gemeinsame Abschlussreflexion.
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Der Wunsch, über den Nahost-Krieg zu sprechen, kam aus vielen Richtungen. Habiba Abdelmeguid von der Abteilung Chancengleichheit, die sich auch bei Amnesty International engagiert, erzählt, dass zu Beginn des vergangenen Wintersemesters viele Studierende zu ihnen kamen und fragten, ob sie etwas zu dem Thema machen. Damals standen allerdings die humanitäre Krise und die politischen Auswirkungen im Vordergrund. Wie groß der Austauschbedarf an der Viadrina selbst war, wurde aber schnell deutlich. „Uns war von Anfang an klar, dass es um eine sehr strukturierte Form des Austausches gehen muss“, sagt Bettina Gebhardt. Die Überlegungen, wie die Universität einen sensiblen Umgang mit dem Thema finden könne, begann schon im November. Dabei stand die Abteilung Chancengleichheit in engem Austausch mit dem Institut für Konfliktmanagement und der Hochschulleitung, besonders mit Janine Nuyken, Vizepräsidentin für Transfer und Campus. Dadurch kam es auch immer wieder zum persönlichen Austausch. Trotz teilweise sehr verschiedener Sichtweisen basierte der Austausch auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen, erzählt Habiba Abdelmeguid und erklärt: „Genau das wollten wir reproduzieren. Wir haben überlegt, wie der Austausch, der zwischen uns funktionierte, auch auf größerer Ebene gelingen kann.“
Im persönlichen Austausch, aber auch in den Sozialen Medien, hätte sich abgezeichnet, dass Menschen sehr unterschiedliche Perspektiven auf das Thema hatten, unterschiedliche Erfahrungen und vor allem unterschiedliches Wissen zur Geschichte. Gleichzeitig sollte das Ziel der Veranstaltung nicht sein, Wissen zu vermitteln, sondern den Austausch zu fördern. Habiba Abdelmeguid unterstreicht: „Es ging auch darum, den Leuten zu zeigen, dass das, was sie über das Thema wissen, nicht alles ist, was es darüber zu wissen gibt. Es ging darum zu zeigen: Dein Gegenüber ist genauso menschlich wie du.“ Bettina Gebhardt ergänzt: „Uns war es wichtig, mehr Perspektiven und Hintergründe einzufangen und einen Raum zu schaffen für alle Studierenden und Mitarbeitenden, egal welchen Background sie haben. Es ist erstmal wichtig, dass alle Gehör finden können.“
Um zu gewährleisten, dass der Abend friedlich und die Diskussion respektvoll abläuft, mussten sich Teilnehmende registrieren und zehn Grundprinzipien zustimmen. Beispielsweise verpflichteten sie sich, aktiv zuzuhören, Kommunikationsregeln einzuhalten und kulturell sensibel zu agieren. Bei der Gelegenheit konnten sie auch anonym Fragen einreichen, die man an dem Abend diskutieren wollte und weitere Grundregeln vorschlagen. Das Organisationsteam überlegte sich Interventionsmöglichkeiten, sollten Diskussionen dennoch eskalieren. Das war letztlich aber gar nicht notwendig. Zwar einigten sich Teilnehmende nicht immer, aber am Ende sei das auch weniger wichtig. „Es ist schon ein Erfolg, bei einem so kontroversen Thema drei Stunden in einem Raum zu sitzen, miteinander zu sprechen, sich zuzuhören, vielleicht auch mal nichts zu sagen und eine menschliche Verbindung zu schaffen“, betont Bettina Gebhardt.
Das Interesse an der Veranstaltung war in allen Fakultäten und Statusgruppen mit unterschiedlichen Hintergründen groß. Eine Fortsetzung sei durchaus denkbar, so die Organisatorinnen. Einen Anteil daran, dass das Format so gut funktioniert hat, habe auch die Diversität des Organisationsteams, so Habiba Abdelmeguid. Sie unterstreicht, dass Menschen mit verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen geholfen haben, das Event so zu konzipieren und durchzuführen. Die Teilnehmenden haben signalisiert, dass sie positiv überrascht waren und sich mehr Austausch in dieser Art wünschen. „Das war wirklich schön zu sehen“, schließt Habiba Abdelmeguid.
Lea Schüler
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