Schaufenster in die Ukrainestudien – Teilnehmende berichten von erster KIU-Sommerschule
Zwei Wochen intensive Ukrainestudien liegen am 28. September 2024 hinter den 14 Teilnehmenden der ersten Ausgabe der KIU-Sommerschule zum Thema „War in Ukraine: Destruction of Heritage – Mastering Legacy“. Unter Hochdruck hatte das gerade erst entstehende Team des Kompetenzverbundes Interdisziplinäre Ukrainestudien (KIU) das Programm auf die Beine gestellt und Sprachkurse, Seminare und kulturelle Events organisiert. Bei den Studierenden, die mit unterschiedlichen Anliegen aus vielen Ländern an die Viadrina kamen, hinterlässt die Sommerschule bleibende Eindrücke.
„Wir wollen mit dieser Sommerschule zeigen, das Ukrainian Studies viel mehr sind, als die aktuelle Sicht auf den Krieg in der Ukraine“, umreißt Dr. Susann Worschech, wissenschaftliche Koordinatorin des KIU, das Anliegen des Programms. Ukrainisch-Sprachkurse, Werkstätten für akademisches Schreiben, Seminare, unter anderem über Konfliktmanagement, Kulturerbe und Migration in der Ukraine, sowie Abendveranstaltungen mit Filmgespräch, wissenschaftlicher Keynote und experimenteller Performance – das dichte Programm führte vor Augen, warum es spannend ist, sich umfassend mit der Ukraine zu beschäftigen.
Foto von der KIU-Sommerschule 2024
Dabei kamen die Teilnehmenden, die zur Hälfte aus der Ukraine stammen, zur Hälfte aus Deutschland und anderen europäischen, asiatischen und afrikanischen Ländern, mit sehr unterschiedlichen Anliegen an die Viadrina. „Ich sehe dieses Programm als Gelegenheit, den Konflikt in der Ukraine aus einer tiefgreifenden Perspektive zu betrachten“, sagt etwa Donatus Ozemhoya, der sich Sorgen um den Stellenwert von Frieden und Menschlichkeit in der Welt macht. Der Nigerianer studiert in Glasgow Südeuropastudien und hat von einer ukrainischen Freundin von der Sommerschule erfahren. Er ist sich sicher: „Dieses intensive Programm wird mir nicht nur helfen, die Zerstörungen zu verstehen, sondern auch die historischen, kulturellen und sozialen Hintergründe genau zu untersuchen.“
Auch Jan Beckstedde, der Geografie und Politikwissenschaften in Hamburg studiert, interessiert sich vor allem für die unterschiedlichen Sichtweisen auf und Informationen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine. „Der Angriff Russlands auf die Ukraine zieht sich seit Februar 2022 durch mein Studium und hat auch meinen Schwerpunkt geändert. Bei der Sommerschule ist vor allem der Kontakt zu Menschen aus der Ukraine wertvoll für mich“, sagt Jan Beckstedde. Die Vielfalt der Themen erlaube es allen, ihren eigenen Schwerpunkt zu setzen.
Während die einen vor allem mit dem Bedürfnis, mehr verstehen zu wollen nach Frankfurt (Oder) gekommen sind, steht für ukrainische Teilnehmerinnen häufig ein anderes Anliegen im Mittelpunkt. Für Varvara Kuznetsova, die in Lwiw kurz vor ihrem Diplomabschluss steht, ist die Sommerschule eine Gelegenheit, ihre Erfahrungen mit Menschen aus anderen Ländern zu teilen. „Wir ukrainischen Studierenden müssen uns im Ausland Gehör verschaffen und unsere Stärken und Schwächen sowie unsere Bereitschaft zur Integration in die EU hervorheben“, beschreibt sie ihr Anliegen. Die Haltung der nicht-ukrainischen Teilnehmenden beeindrucke sie: „Ich schätze es, dass die Studierenden hier daran interessiert sind, sich praktisch und wissenschaftlich an der Entwicklung der Ukraine zu beteiligen; das inspiriert mich sehr.“
Auch Khrystyna Hnidets, die ebenfalls in Lwiw studiert, beschreibt, dass es seit Beginn des Krieges ihr Ziel ist, die Ukraine im Ausland angemessen zu vertreten: „Als Ukrainerin in einer Zeit des Krieges weiß ich, dass die Welt voller Propaganda ist und viele Menschen nicht wirklich verstehen, was vor sich geht. Ich bin eine Zeugin, und ich kann mein Land vertreten und dafür sorgen, dass jeder weiß, wofür die Ukraine steht und wie wir Freunde sein können.“ Zugleich haben ihr die Dozierenden in den Seminaren viele wertvolle Einsichten mitgegeben.
Für viele besonders interessant war eine praktische Übung in Mediation und Konflikt-Management mit Prof. Dr. Lars Kirchhoff und Dr. Anne Holper vom Institut für Konfliktmanagement. „Das Seminar über Konfliktmediation war am eindrucksvollsten. Es war für mich unerwartet, vielleicht sogar lebensverändernd“, sagt die Ukrainerin Argine Kostanyan, die im niederländischen Leiden Philosophie studiert. Sie kann sich gut vorstellen als Konflikt-Managerin in der Ukraine zu arbeiten. Aber auch die intensive und vertrauensvolle Begegnung mit den anderen Teilnehmenden hebt sie hervor: „Ich hoffe, dass wir diese Verbindung aufrechterhalten können, dass wir ein Netzwerk bilden und uns eines Tages in Lwiw wiedersehen können.“
Auch KIU-Koordinatorin Susann Worschech schaut in die Zukunft; die nächste Auflage der Sommerschule im September 2025 ist schon in Planung: „Wir haben die erste Ausgabe der Sommerschule mit wahnsinniger Energie in kürzester Zeit organisiert und vieles war sehr kurzfristig. Aber ich bin überzeugt, dass es für die Wahrnehmung des KIU in der europäischen Öffentlichkeit genau richtig war, loszulegen.“
Frauke Adesiyan
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