„Das Klima ist der Verlierer“ – Reimund Schwarze berichtet über die Weltklimakonferenz in Baku
Von seinem Blick auf die COP 29 – den Klimagipfel der Vereinten Nationen, der vom 11. bis 22. November 2024 im aserbaidschanischen Baku stattfand – berichtete Klima-Ökonom Prof. Dr. Reimund Schwarze am 27. November 2024 an der Viadrina. Der langjährige Beobachter der Klimakonferenzen räumte dabei auch einige Vorurteile aus.
„Eine COP ist dann gut, wenn die Unzufriedenheit gleich verteilt ist. Diese COP aber hat ein deutliches Ungleichgewicht an Unzufriedenheit hinterlassen“, so das abschließende Urteil von Prof. Dr. Reimund Schwarze, der seit vielen Jahren die Klimaschutzkonferenzen der Vereinten Nationen als Beobachter begleitet. „Die Nehmerstaaten haben zum Ende hin geradezu um die für sie notwendigen Gelder gefleht.“
Reimund Schwarze berichtet über die Weltklimakonferenz in Baku
Schwarze unterstrich, Klimaschutz müsse von den Bedarfen der Entwicklungsländer ausgehend gedacht, geplant und budgetiert werden. 1,3 Billionen Dollar sei die Forderung der betroffenen Nehmerstaaten im Bereich Klimafinanzierung – neben Kohlenstoffmärkten einer der beiden Themenschwerpunkte der Konferenz – gewesen. Auf 300 Milliarden Dollar bis 2035 habe man sich schließlich geeinigt. „Schon diese Summe aber kann, das wissen alle, nicht allein von Staaten und Entwicklungsbanken erbracht werden. Ohne Privatkapital wird es nicht gehen“, sagte Schwarze im Gespräch mit Dr. Amelie Kutter vom Institut für Europa-Studien (IFES) der Viadrina. Schwarze ist eindeutig in seiner Bewertung: „Da gibt es keine Staaten, die verloren oder gewonnen haben. Das Klima ist der Verlierer.“
Eine große, aber keine sehr große COP sei die diesjährige Ausgabe mit rund 67.000 Teilnehmenden – statt etwa 85.000 im vergangenen Jahr – gewesen. Der Hauptgrund? Die Präsidentschaft habe gezielt die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen eingeschränkt und deren Tickets reduziert. Könne man daher – wie in Medien berichtet – vom Verhandlungsort auf Verhandlungsergebnisse schließen, fragte Amelie Kutter. Schwarze dementierte: „Dieser Schluss ist zu einfach. Die drei letzten COPs haben wichtige Ergebnisse hervorgebracht und sie alle haben in Petro-Ländern stattgefunden, 2022 in Ägypten, im letzten Jahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in diesem Jahr Aserbaidschan.“ Im Übrigen müsse man, wenn man so draufschaue, fragen, was genau ein Petro-Staat sei und ob nicht etwa auch die USA mit ihren riesigen Öl-Speichern dazu zählten. „Alle, die sich mit Verhandlungen und Konsensverfahren auskennen, wissen, dass die wichtigsten Ingredienzien Inklusivität und Vertrauen sind. Schließen wir einzelne Länder aus, wäre das gegen alle Grundsätze gelingender Verhandlungen“, so Schwarze.
„Too little, too late“, dieses Fazit ziehe zwar auch er, aber als jahrzehntelanger Beobachter schaue er auch „besonnen und beruhigt“ auf das Instrument der Klimakonferenzen. „Die COP ist eine ,unstoppable‘ Maschinerie. Es geht immer weiter; die Verhandlungen hören nicht auf.“
Das Gespräch war Auftakt der neuen Reihe „Mensch und Planet“ des Instituts für Europa-Studien (IFES) an der Viadrina.
Michaela Grün
Zurück zum Newsportal