Prof. Dr. Erol Pohlreich zum Richter am Berliner Kammergericht ernannt

Frankfurt (Oder) / Berlin, 

Am 31. Januar 2025 wurde Prof. Dr. Erol Pohlreich zum Richter am Berliner Kammergericht ernannt. Der Strafrechtsprofessor ist ab 1. Februar im zweiten Hauptamt Richter im 5. Strafsenat des Kammergerichtes und damit vor allem für Rechtsbeschwerden nach dem Strafvollzugsgesetz zuständig. Über seine neue Aufgabe und wie er plant, sie mit seiner Hochschul-Lehre und Forschung zu verbinden, spricht er hier.

Herr Pohlreich, womit genau werden Sie sich in Ihrer neuen Funktion beschäftigen?

Der 5. Strafsenat hat eine besondere Zuständigkeit für Rechtsbeschwerden in Strafvollzugssachen. Er ist also die letzte Instanz in Verfahren, in denen es um Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Strafvollzug geht. Falls beispielsweise ein Strafgefangener bei der Justizvollzugsanstalt erfolglos eine Therapiemaßnahme beantragt hatte und er auch vor dem erstinstanzlich zuständigen Landgericht keinen Erfolg hatte, kann er gegen diese Gerichtsentscheidung Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht einlegen. In Berlin heißt das Oberlandesgericht aus historischen Gründen Kammergericht. Das heißt, in einem solchen Fall werde künftig ich über solche Rechtsbeschwerden mitentscheiden. Rechtsbeschwerden werden aber nicht nur von Strafgefangenen eingelegt. Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Strafvollzug haben mitunter auch Vollzugsexterne – beispielsweise Angehörige, wenn sie einen Gefangenen besuchen oder ihm ein Paket schicken wollen.

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Prof. Dr. Erol Pohlreich (ganz rechts) bei der Urkundenübergabe am 31. Januar 2025


Warum haben Sie sich für dieses zweite Hauptamt entschieden? Was reizt Sie daran, neben Jura-Professor auch noch Richter zu sein?

Wenn die Studierenden der Viadrina meine Lehrveranstaltungen evaluieren, bekomme ich durchgängig positives Feedback dafür, dass ich die praktische Perspektive auf meine Lehrfächer in meine Lehre einfließen lasse. Diese Perspektive wird durch mein zweites Hauptamt zukünftig besonders gestärkt. Natürlich profitiert auch meine Forschung, wenn ich durch ein solches Hauptamt Einsichten in die Realitäten des Strafvollzugs bekomme, die sonst nur in der Praxis tätigen Personen zugutekommen. Der Transfer ist also wechselseitig: Ich kann mein theoretisches Wissen in die Praxis einfließen lassen und bekomme für meine Forschung einen wertvollen Input aus der Praxis.

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Worin besteht aus Ihrer Sicht der größte Unterschied zwischen den zwei Berufen?

Natürlich tragen Menschen, die in der juristischen Forschung und Lehre tätig sind, auf verschiedenen Ebenen Verantwortung – etwa bei der Wahl ihrer Themen, der methodischen Sorgfalt und bei der Kommunikation. Ob und wie sich diese Arbeit aber auf das Leben von Menschen auswirkt, ist ungewiss. Wenn es überhaupt zu konkreten Auswirkungen kommt, benötigen sie typischerweise viel Zeit und sind nicht immer sichtbar. Wenn ich aber als Richter über konkrete Fälle entscheide, trage ich eine unmittelbare und spürbare Verantwortung, weil die Auswirkungen meiner Entscheidung greifbar sind. Von der Frage, ob der Gefangene in meinem Beispiel oben eine Therapiemaßnahme bekommt oder nicht, hängen nicht zuletzt auch seine Chancen auf eine vorzeitige Entlassung aus dem Strafvollzug ab. Es geht um Freiheitsperspektiven eines konkreten Menschen.

Wie schaffen Sie es zeitlich, beide Aufgaben miteinander zu verbinden?

Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist rein schriftlich, das heißt, es findet keine mündliche Verhandlung statt. Daher lassen sich beide Tätigkeiten gut vereinbaren. Hinzu kommt, dass ich am Kammergericht nicht dasselbe Pensum bearbeiten muss wie die übrigen Richterinnen und Richter in meinem Strafsenat. Ich erhoffe mir umgekehrt, dass mein zweites Hauptamt nicht nur für mich, sondern auch für die Studierenden an der Viadrina ein Gewinn sein wird.

Frauke Adesiyan

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