Steckbrief
Name:
Ricarda Begau
An der Viadrina bin ich:
seit 1.6.1992
Was ich hier mache:
Ich bin Sekretärin im Präsidialbüro.
Die Viadrina ist für mich:
international, familiär, überschaubar
Frau Begau, wie lange arbeiten Sie schon an der Viadrina?
Am 1. Juni waren es genau 30 Jahre.
Können Sie das glauben?
Nein (lacht). Die Zeit vergeht so schnell, inzwischen sind die neuen Professoren bedeutend jünger als ich. Vor 30 Jahren waren das noch ehrwürdige Herren und ganz wenige Damen. Das hat sich jetzt geändert.
Wie viele Präsidentinnen und Präsidenten haben Sie an der Viadrina bereits miterlebt?
Frau von Blumenthal ist jetzt die sechste Präsidentin, Herr Helle-Meyer der vierte Kanzler.
Mit diesen Wechseln haben Sie wahrscheinlich einige Charaktere und Arbeitsweisen erlebt?
Anfangs war ich im Personaldezernat. Damals bewarb ich mich auf eine kleine Annonce. Es wurden mehrere Mitarbeiter gesucht für den Aufbau einer Universität in Frankfurt. Ich war im Erziehungsjahr – das war gerade nach der Wende. Mein vorheriger Arbeitgeber – ein Getreidekombinat – wurde abgewickelt. Im Vorstellungsgespräch für die Viadrina sagte man mir: „Setzen Sie sich mal an den Computer, schreiben etwas und drucken es aus!“ Das hatte ich zwei Monate zuvor in einer Rechtsanwaltskanzlei gelernt und das hat dann wohl so einen Eindruck hinterlassen, dass ich von der Personaldezernentin eingestellt wurde – gemeinsam mit sechs Kolleginnen.
Fängt die Stimmungen von Vorgesetzten und Mitarbeitenden ab: Ricarda Begau Foto: Heide Fest
Vom Getreidekombinat in die Universität – das war sicherlich ein totaler Umschwung?
Sekretariatsaufgaben sind überwiegend gleich, allerdings war die Technik neu. Viele Formulare wurden von anderen Universitäten übernommen und auf die Viadrina zugeschnitten.
Für mich gab es natürlich viele neue Begriffe im Universitätsalltag, z. B. Spektabilität und Magnifizenz. Auch die Begriffe Kanzler, Dekan und Dekanat waren neu – damals gab es einen Rektor, später einen Präsidenten.
Wie lange waren Sie im Personaldezernat tätig?
Zwölf Jahre. Das war eine richtig tolle Zeit in der Aufbauphase, ein schönes Arbeitsklima, ein gutes Team. Für mich war die Aufgabe besonders interessant. Da ich unter anderem für die Dienstausweise zuständig war, kannte ich alle Kolleginnen und Kollegen.
In den Jahren sind Sie mit Ihrem Büro viel über den Campus gewandert.
In der ersten Zeit teilten wir uns das Hauptgebäude mit dem Finanzamt und dem Landesbauamt. Später gab es umfassende Baumaßnahmen und so zog ich in sechs verschiedene Büros in drei verschiedenen Gebäuden auf dem Campus.
Wie ebnete sich dann Ihr Weg ins Präsidialbüro?
Ich war die Vertretung für die damalige Sekretärin des Kanzlers Peter Stahl. Als sie dann in den Ruhestand ging, fragte man mich, ob ich wechseln möchte. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, weil ich wusste, dass der Kanzler nur eine bestimmte Amtszeit hatte.
Wie war der Wechsel für Sie?
Es fehlte mir, die neu eingestellten Personen persönlich kennenlernen zu dürfen. Neu war das Doppelsekretariat. Die Aufgaben hingegen waren und sind nicht so viel anders. Es sind weiterhin die Terminkoordination sowie Postgänge, die Betreuung von Gästen, Vor- und Nachbereitung von Dienstreisen und alles, was so anfällt. Es kamen viele Gäste im Laufe der Zeit, zum Beispiel der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, Manfred Stolpe und Rita Süssmuth. Hans-Dietrich Genscher ging hier ein und aus, weil er eine Gast-Professur innehatte. Es waren wirklich viele Persönlichkeiten, insbesondere während der Amtszeit von Gesine Schwan.
Was ist Ihnen aus den Anfangsjahren in besonderer Erinnerung geblieben?
Als ich an der Viadrina anfing, durfte man im Haus noch rauchen. Der Gründungskanzler Karl Josef Schmücker lief immer mit einer brennenden Zigarette über den Gang. Wenn er eintrat, musste dringend ein Aschenbecher für ihn parat stehen. Das war sein Markenzeichen.
Verglichen mit den heutigen Standards, war das eine wirklich andere Zeit.
Ja, das stimmt. Ein Haushaltsdezernent rauchte Pfeife mit Vanilletabak. Dadurch wusste man im Flur, wo er entlanggelaufen war.
Wie sind Sie mit den unterschiedlichen Charakteren umgegangen?
In meiner Position ist es allgemein so, dass ich mit vielen Menschen zu tun habe. Jeder Mensch ist anders. Man arrangiert sich einfach. Auf der anderen Seite müssen sich die Vorgesetzten ja auch an mich gewöhnen. Wir haben immer einen guten Weg gefunden.
Das Sekretariat ist das Herz einer Institution, richtig?
Das Sekretariat ist eine Art Kummerkasten. Man fängt die Stimmung von Vorgesetzten und Mitarbeitern ab. Damit hat man eine Pufferfunktion, alles möglichst so zu transportieren, dass alle zufrieden sind.
War bzw. ist Ihnen die Hochschulleitung fern?
Am Anfang war das so. Aber der zweite Kanzler Peter Stahl sagte zu mir: „Frau Begau, die kochen alle nur mit Wasser.“ Er hat mir die Angst genommen.
Hat Ihnen das auch bei Besuchen hochrangiger Gäste geholfen?
Ich habe die Erfahrung gemacht: Die hochrangigen Gäste sind am bodenständigsten.
Wie hat sich Ihr Arbeitsfeld im Präsidialbüro in den vergangenen 18 Jahren verändert?
Ganz große Errungenschaften sind der elektronische Terminkalender und die Adressdatenbank. Irgendwann kamen auch E-Mails hinzu. Das hatte Prof. Dr. Weiler eingeführt, der zwischenzeitlich an der Uni Stanford lehrte. Eine weitere Errungenschaft war die Einführung der Gleitarbeitszeit.
Haben Sie Rituale, wenn Sie ins Büro kommen?
Ja, habe ich (lacht). Ich bin meistens gegen 7 Uhr hier. Als erstes drücke ich auf den Knopf am Rechner, als zweites den Kaffeemaschinenknopf, als drittes öffne ich die Fenster zum Lüften. Dann schaue ich die Zimmer durch, ob alles ok ist, lege die erforderlichen Unterlagen für den Tag bereit, checke die E-Mails, bearbeite und verteile die Post.
Welche Themen sind für Ihre Tätigkeit zurzeit wichtig?
Im Moment ist es der doppelte Leitungswechsel der Hochschulleitung. Mit jeder neuen Person, die kommt, wird geguckt, was wird gebraucht.
Das Ukrainethema beschäftigt mich nicht nur an der Universität, sondern auch privat. Seit März haben wir eine ukrainische Mutter mit ihrer Tochter aufgenommen. Die Bürokratie, die anfällt, ist immens. Es gibt viele Angebote, aber man muss sich kümmern. Sprachlich läuft viel über eine Übersetzungs-App. Ansonsten kann ich meine restlichen Russisch- sowie Polnisch- und Englischkenntnisse aus der Schule anwenden.
Außerdem: Das Zukunftszentrum wäre eine tolle Sache für Frankfurt. Ich bekomme durch den Kollegen Mateusz Weis-Banaszczyk und durch das Vorbereiten einzelner Sitzungen viel mit, natürlich auch, wie aufwendig die Vorbereitungen sind. Ich hoffe, dass sich die Mühe lohnt. Ich denke, Frankfurt ist auch mal dran.
Welche Berührungspunkte haben Sie mit der Doppelstadt Frankfurt (Oder) und Słubice?
Ich finde es schön, dass die Grenze offen ist, aber mich findet man eigentlich nicht auf der anderen Seite der Oder. Vielleicht ist es schade, aber ich verspüre nicht das Bedürfnis, hinüberzufahren. Vielleicht ist es die Sprachbarriere. Aber vor einiger Zeit wusste ich den Schutz der Brücke über die Oder sehr zu schätzen, als mich ein heftiger Wolkenbruch mit dem Fahrrad überraschte.
Welches Erlebnis in Ihrer Zeit an der Viadrina würden Sie als besonders beschreiben?
Ich erinnere mich wirklich gern an die Aufbruchsstimmung und den Zusammenhalt vom Anfang. Das neue akademische Jahr wurde anfangs noch in der Konzerthalle festlich begangen, ein gemeinsames Wollen war spürbar. Das Fernsehen war da, die Rektoren und Präsidenten natürlich immer mit Amtskette. Besonders für mich waren auch drei Tagesausflüge mit mehreren Reisebussen und allen Mitarbeitern der Universität und dem Collegium Polonicum.
Was wünschen Sie sich für die Viadrina?
Einen schnellen, guten Hochschulleitungswechsel und hohe Studierendenzahlen.
(KH)
Name:
Ricarda Begau
An der Viadrina bin ich:
seit 1.6.1992
Was ich hier mache:
Ich bin Sekretärin im Präsidialbüro.
Die Viadrina ist für mich:
international, familiär, überschaubar
Abteilung für Hochschulkommunikation
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