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„Demokratien und offene Gesellschaften brauchen Rituale, diese Preisverleihung ist ein wichtiges Ritual unserer offenen Gesellschaft“, sagte Laudator Basil Kerski, Leiter des Europäischen Solidarność-Zentrums Danzig, zu Beginn seiner Rede vor einem Publikum, in dem die wichtigsten Vertreterinnen und Vertreter der deutsch-polnischen Beziehungen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft versammelt waren. Dass diese offene Gesellschaft einen besonderen Ausdruck in der deutsch-polnischen Verständigung finde, darin war er sich mit diesem Publikum und den anderen Rednern dieses Nachmittages einig. >>>weiterlesen
So schlug Gastgeber und Viadrina-Präsident Prof. Dr. Eduard Mühle den Bogen von der aktuell unter großem Druck stehenden Verständigung in der großen Politik zur langjährigen persönlichen Bekanntschaft mit dem Preisträger, dessen Magister- und Doktorarbeit er einst wohlwollend rezensiert hatte. Spontanen Beifall erhielt Mühle für seine Feststellung, dass der Gründungsauftrag der Viadrina, sich mit allen ihren Möglichkeiten für die Verständigung mit Polen einzusetzen, noch längst nicht obsolet geworden sei. „Im Gegenteil: In einer Welt, in der Europa mit dem verbrecherischen Überfall Russlands auf die Ukraine in eine ernsthafte Bedrohungslage geworfen worden ist, ist es umso wichtiger, dass Deutsche und Polen als unmittelbare Nachbarn eng zusammenstehen und gemeinsam an der Weiterentwicklung der Europäischen Union, an der Vollendung des Einigungsgedankens arbeiten.“
Das aktuelle Geschehen gab auch den Grundtenor für die Laudatio von Basil Kerski vor. Er verwies auf einen Vorfall im Deutschen Historischen Institut (DHI) Warschau, in dem nur wenige Tage zuvor der renommierte Holocaust-Forscher Prof. Dr. Jan Grabowski von einem Sejm-Abgeordneten gewaltvoll an einem Vortrag gehindert wurde. „Demokraten in Polen sind unter Schock, denn die Bilder aus dem DHI wecken Erinnerungen an die autoritären und faschistischen Revolutionen der 1930er-Jahre.“ Es seien Wissenschaftler wie Krzysztof Ruchniewicz, die von nationalistischer Propaganda in Polen angegriffen werden, weil sie mit Forschungsergebnissen und publizistischen Einmischungen versuchen, ein von der staatlich gelenkten Propaganda unabhängiges Bild der Geschichte zu vermitteln. „Sie sind für die populistischen Ideologen eine Konkurrenz, weil sie versuchen, dieses Wissen in die breite Gesellschaft zu transferieren. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der demokratischen Kultur“, so Kerski.
Der Laudator ging auch auf Ruchniewiczs Expertise zu Reparations- und Entschädigungsfragen ein, auf seine für die heutige Verständigung grundlegende Forschung zur deutsch-polnischen Nachbarschaftsgeschichte und auf die Bedeutung des von ihm 2002 mitgegründeten Willy Brandt Zentrums für Deutschland- und Europastudien: „Europäische Solidarität, Empathie für die Nachbarn, das Gefühl einer Schicksalsgemeinschaft entstehen auch durch Wissen, kulturelle Kenntnis und Begegnung zwischen den Menschen. Das Brandt-Zentrum ist somit ein Ort der Stärkung des europäischen Bewusstseins, der internationalen Solidarität.“
Sichtlich gerührt nahm Krzysztof Ruchniewicz im Anschluss den Viadrina-Preis entgegen und bedankte sich in einer kurzen Rede unter anderem bei seinen verstorbenen Eltern, die ihm trotz ihrer Kriegsbiografien keinen Hass auf die Deutschen mitgegeben hätten. Er würdigte zahlreiche Weggefährtinnen und Weggefährten – von seiner Deutschlehrerin im Gymnasium über wissenschaftliche und berufliche Kontakte bis zu seiner Frau Małgorzata. Den Viadrina-Preis verstehe er als Würdigung, aber auch als Verpflichtung: „Ich hoffe, dass der heute überreichte Lorbeer auch ein weiterer Anstoß sein wird, die Kontakte zwischen unseren Universitäten noch intensiver zu gestalten und die bereits bestehenden Beziehungen noch stärker und effektiver zu vertiefen.“ In der direkt an der Grenze gelegenen Stadt vergesse man vielleicht manchmal, wie bedeutend der Beitritt Polens zur EU gewesen sei, meinte er und sagte: „Ich verstehe die Auszeichnung auch als Aufforderung, alles zu tun, damit diese Barrieren nicht wieder entstehen.“
In welcher Form Barrieren ganz praktisch an der Europa-Universität überwunden werden, zeigte die Verleihung des diesjährigen Förderpreises stellvertretend an vier Studierende des Projektes „Literaturübersetzung im deutsch-polnischen Kulturdialog“. Mit dem mit 1.000 Euro dotierten Preis ehrt die Jury die Initiative der Karl Dedecius Stiftung, in deren Zentrum die Beschäftigung mit der deutsch-polnischen Literaturübersetzung steht. Seit 2016 kommen unter Leitung von Dr. Ilona Czechowska alle zwei Jahre polnische Studierende der Germanistik und deutsche Studierende der Polonistik zusammen, um sich dem Werk wichtiger Dichter zu widmen. „Es war eine tolle Erfahrung sowohl die Karl Dedecius-Preisträger Monika Muskała und Thomas Weiler, als auch Studierende aus verschiedenen Unis in Deutschland und Polen kennenzulernen“, berichtete Sonja Roske in ihren Dankesworten von der jüngsten Ausgabe des Austausches.
Auch auf Studierende wie sie bezogen sich die eindringlichen abschließenden Worte von Laudator Basil Kerski, der „trotz dunkler Wolken am europäischen Himmel“ auch aufgrund des Engagements der im Saal Versammelten Hoffnung für den deutsch-polnischen Dialog habe: „Der Frieden in Europa hängt wieder entscheidend von der deutsch-polnischen Zusammenarbeit ab, nicht nur auf der Staatsebene, sondern auch im wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich.
Für den musikalischen Rahmen sorgte Pianist Christian Seibert mit Musik von Frédéric Chopin und Franz Liszt .
Text: Frauke Adesiyan
Fotos: Heide Fest
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