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Es handelte sich um eine Vielzahl von Gründen, die schon im Herbst 2021 breit diskutiert wurde: lange Wartezeiten, weit nach 18 Uhr geöffnete Wahllokale, Fehler bei den Stimmzetteln und so weiter. Im November 2022 hat der Berliner Verfassungsgerichtshof daraus zwei Faktorenbündel gemacht. Einerseits sah er schon in der Wahlvorbereitung so erhebliche Wahlfehler, dass eine allgemeine und gleiche Wahl seiner Überzeugung nach gar nicht mehr hatte stattfinden können. Andererseits seien die vielen Fehler mandatsrelevant gewesen, das heißt, die festgestellten Wahlfehler hätten sich auf die Sitzverteilung ausgewirkt. Zusammen haben die beiden Faktoren den Verfassungsgerichtshof veranlasst, eine komplette Wahlwiederholung anzuordnen. Das Bundesverfassungsgericht wurde deswegen angerufen, aber es hat in einem Eilverfahren dagegen entschieden, die Wahlwiederholung zu verschieben. Die Wahlen finden also am 12. Februar statt.
Experte zu Wahlpannen und zur Wahlwiederholung in Berlin: Prof. Dr. Timm Beichelt Foto: Heide Fest
Dieselben Kandidaten treten auf den gleichen Wahllisten der Parteien an. Eine Kandidatin hat mittlerweile die Partei gewechselt, tritt aber dennoch auf der Liste ihrer alten Partei an! Ausnahmen gibt es nur, wenn Kandidaten verstorben sind oder wenn sie sich aus freien Stücken zurückgezogen haben. In der Geschichte der Bundesrepublik hat es so etwas auf Bundes- oder Landesebene noch nicht gegeben. Die Wählerinnen und Wähler können also am 12. Februar mit dem Gefühl zum Wahllokal gehen, an etwas ganz Besonderem teilzunehmen.
Unter Legitimationsgesichtspunkten vielleicht, denn in gewisser Weise wird nun bei einer Wahl des Jahres 2023 das Resultat der innerparteilichen Willensbildung von 2021 zugrunde gelegt. Wenn man es so anschaut, passt das nicht gut zusammen. Rechtlich ist die Wahlwiederholung allerdings das Resultat einer Anfechtung, die sich nun einmal auf die Wahl von 2021 bezog. Da kann ein Verfassungsgerichtshof nicht einfach eine neue Wahl ansetzen. Er hat aber immerhin entschieden, dass die gesamte Wahl wiederholt werden muss, obwohl es ja auch Wahllokale und -bezirke gab, in denen die Wahl regulär verlaufen ist. Hier hat der Verfassungsgerichtshof argumentiert, das Gesamtergebnis einer Wahl müsse eine einheitliche Momentaufnahme des Volkswillens zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellen.
Nein, das Berliner Wahlgesetz kennt keine Mindestwahlbeteiligung. Man könnte diskutieren, ob das neue Abgeordnetenhaus über eine höhere oder geringere Legitimation verfügt als in der Zusammensetzung von 2021 bis 2023. Zunächst würde man zwar wohl annehmen, dass ein fehlerhaft zusammengesetztes Parlament nicht sehr legitim ist. Durch die Neuwahl dürften sich allerdings auch viele Politikverdrossene in ihrer Ablehnung der real existierenden Berliner Verhältnisse bestätigt sehen, was schlecht für die Demokratie ist. Es dürfte auch Wählerinnen und Wähler geben, die den Vorgang nicht zu 100 Prozent verstehen, zum Beispiel, dass die im Herbst 2021 begonnene Legislaturperiode weiterläuft – gewählt wird also nur für etwa zweieinhalb Jahre. Außerdem ist zu erwarten, dass die Wahlbeteiligung viel niedriger ausfallen wird als im September 2021, da fanden ja gleichzeitig Bundestagswahlen statt. Es gibt also durchaus problematische Nebenwirkungen der Wiederholungswahl.
Klar. Je höher die Wahlbeteiligung, desto besser. Für eventuelle Wartezeiten kann man vielleicht etwas zu lesen mitnehmen. Ich empfehle das neue Buch von meinem Kollegen Andrii Portnov über seine Geburtsstadt Dnipro in der Ukraine.
(HST)
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