Fortsetzung von „Anti-Gender“-Erfahrungen im Exil – Fallstudie thematisiert Erfahrungen in der kurdisch-türkischen Community

Frankfurt (Oder), 

Das europäische Forschungsprojekt RESIST legt am 23. Oktober einen zweiten Bericht vor, der die Auswirkungen von „Anti-Gender“-Diskursen, -Politiken und -Mobilisierungen in Europa analysiert. Neben Fallstudien in Belarus, Deutschland, Griechenland, Irland, Polen, Spanien und der Schweiz befasst sich eine an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) geleitete Studie mit den Erfahrungen kurdisch-türkischer Communities, die in Europa im Exil leben. Die Viadrina-Sozialwissenschaftlerinnen Dr. Latife Akyüz und Bilge Cömert kommen darin zu dem Ergebnis, dass sich „geschlechterfeindliche“ Erfahrungen in den Heimatländern der Geflüchteten sowohl auf der Flucht als auch in den Aufnahmeländern fortsetzen.

Die Viadrina-Wissenschaftlerinnen stützen ihre Teil-Studie auf die Ergebnisse von vier Gruppengesprächen mit 20 Teilnehmenden und zwölf Einzelinterviews, die zwischen Januar und Mai 2024 geführt wurden. Zu den Interviewten gehören Aktivist*innen, Akademiker*innen und Intellektuelle aus der Türkei und Nordkurdistan, die aus einem von Unterdrückung und Gewalt geprägten Umfeld in verschiedene europäische Länder geflohen sind. Zu den Fluchtgründen der Interviewten zählt unter anderem eine antifeministische und „geschlechterfeindliche“ Politik, die ihr physisches, soziales, politisches und alltägliches Leben gefährdet. Gegenstand der Interviews war auch die Frage, wie diese Erlebnisse in den Herkunftsländern durch die Erfahrung des Grenzübertritts nach Europa beeinflusst werden.

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Die Gender- und Grenzforscherin Dr. Latife Akyüz erklärt: „Unsere Studie zeigt, dass ‚geschlechterfeindliche‘ Erfahrungen durch komplexe Migrationsprozesse, illegale Pushbacks und schlechte Bedingungen in Flüchtlingslagern sowie aufgrund eines alltäglichen und strukturellen Rassismus‘ in den Aufnahmeländern fortbestehen. Diese sich überschneidenden Unterdrückungen machen deutlich, dass die Freiheit von LGBTQIA+-Menschen mit ihrem Status als rassifizierte Menschen und Flüchtlinge verwoben ist. Das Exil, das als Zufluchtsort vor ,geschlechterfeindlicher' Gewalt gedacht ist, erweitert diese Erfahrungen oft durch schwierige Migrationsrouten und bürokratische Hürden.“

In ihrem Bericht stellt Dr. Latife Akyüz fest, dass die Marginalisierung von LGBTQIA+-Personen, insbesondere von Transfrauen, durch ihre sich überschneidenden Identitäten im Hinblick auf Ethnie, Geschlecht und Flüchtlingsstatus noch verstärkt wird. „Diese Menschen werden nicht nur in ihren Heimatländern diskriminiert, sondern sind auch mit bürokratischer Gewalt innerhalb der europäischen Asylsysteme konfrontiert, was das Gefühl der Nichtzugehörigkeit und Isolation noch verstärkt“, so Dr. Latife Akyüz. Hinzu komme eine von vielen Exil-Aktivistinnen und -Aktivisten empfundene mangelnden Integration in den Mainstream des LGBTQIA+-Aktivismus in Europa, der oft von cis-geschlechtlichen, weißen, bürgerlichen Perspektiven dominiert werde.

Trotz dieser Herausforderungen, so heben die Autorinnen des Berichts hervor, setzen die Aktivistinnen und Aktivisten ihren Widerstand in transnationalen Netzwerken und auf sozialen Medienplattformen fort. „Die so entstehenden inklusiveren, intersektionalen Räume ermöglichen es ihnen, im Exil in Verbindung zu bleiben und gemeinsame Aktionen über Grenzen hinweg zu organisieren“, beschreibt Dr. Latife Akyüz die Erfahrungen der interviewten Personen. Sie unterstreicht in ihrer Studie die Bedeutung von transnationalen Solidaritätsnetzwerken, um die Geflüchteten im Exil bei der Bewältigung ihrer Erfahrungen zu unterstützen und ihren politischen Widerstand fortzusetzen.

Für weitere Informationen und Medienanfragen wenden Sie sich gern an Dr. Latife Akyüz per E-Mail an akyuz@europa-uni.de.

Interessierte sind herzlich eingeladen, die Präsentation des neuesten RESIST-Berichtes am Mittwoch, dem 23. Oktober, 11.00 Uhr zu verfolgen.

 

Hintergrund

Das RESIST-Projekt wird vom University College Dublin in Zusammenarbeit mit der Edinburgh Napier University, der Europa-Universität Viadrina, der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, der Hochschule Luzern, der Université de Lausanne, der Université de Fribourg, der Maynooth University, der Universitat Pompeu Fabra und dem Feminist Autonomous Centre for research, Athen koordiniert.

RESIST ist eine vierjährige Studie, die von den Forschungsräten und Finanzierungseinrichtungen der Europäischen Union, des Vereinigten Königreichs und der Schweiz unterstützt wird. Weitere Informationen über das Projekt finden Sie auf der Website: https://theresistproject.eu.


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